Papst: Es gibt "unvermeidliche" Trennungen

"Es geht Franziskus um das Wohl der Kinder"

Manchmal ist eine Trennung von Eheleuten "unvermeidlich" - das hat Papst Franziskus am Mittwoch gesagt. Warum das kein Dammbruch in der päpstlichen Familienlehre ist, erklärt Jan Hendrik Stens aus der Theologie-Redaktion von domradio.de.

Familie beim Spaziergang (dpa)
Familie beim Spaziergang / ( dpa )

domradio.de: Man könnte denken, Franziskus' Aussagen seien ein Dammbruch in der Haltung der katholischen Kirche. Kann man das so sehen? 

Jan Hendrik Stens (domradio, Theologische Redaktion): Als Dammbruch würde ich das nicht bezeichnen. Wohl aber als ungewöhnlich für eine päpstliche Aussage. Franziskus sprach bei der Generalaudienz von Streit innerhalb der Familie und dass jede Verletzung von allen Familienmitgliedern empfunden wird, aber ganz besonders von Kindern. Die leiden sehr darunter, wenn ihre Eltern sich streiten. Der Papst sagte zwar, die Ehe sei ein Bund, der respektiert werden müsse. Aber er fügte hinzu, es stimme schon, dass es Fälle gebe, in denen eine Trennung unvermeidlich sei. Manchmal könne sie sogar eine moralische Notwendigkeit sein - nämlich dann, wenn der schwächere Ehepartner oder die Kinder den Verletzungen aus Arroganz, Gewalt, Unterdrückung und Gleichgültigkeit ausgesetzt sind.   

Es geht Franziskus hier ganz klar um das Wohl der Kinder. Er betonte aber gleichzeitig, dass viele Eheleute, die sich in einer solch schwierigen Lage befinden, durch den Glauben und aufgrund der Liebe zu ihren Kindern wieder an ihr Treueversprechen erinnert werden und so wieder zueinander finden können. Das sei aber nicht allen möglich. Es gebe durchaus die Möglichkeit, dass den Ehepartnern nur noch die Trennung bleibt, um das Wohl der Kinder zu erhalten.

domradio.de: Nur dann wieder zu heiraten, das geht nicht. Wo liegt denn der eigentliche Knackpunkt in der Diskussion um geschiedenen Katholiken, die ein zweites Mal zivil heiraten?  

Stens: Der Punkt ist nicht die Trennung von Ehepartnern, die natürlich schlimm genug ist. Das eigentliche Problem - und darum wird es auch bei der bevorstehenden Familiensynode gehen - ist: Was geschieht mit geschiedenen Ehepartnern, die einen neuen Partner gefunden haben, mit ihm zusammenleben und vielleicht auch wieder eine Familie gründen? Da gibt es zum Beispiel die Möglichkeit des Ehenichtigkeitsverfahrens. Da wird ja auch diskutiert, das Verfahren eventuell zu vereinfachen. Aber so ein Ehenichtigkeitsverfahren ist für jeden Ehepartner natürlich auch unangenehm, weil man sich noch einmal mit dem gesamten Ballast der gescheiterten Ehe auseinandersetzen muss. Das wollen viele nicht. Der Papst selbst hat ja auch gesagt, viele würden aus zerrütteten Familien kommen. Und deshalb wird das auch ein Thema bei der Familiensynode sein.

 

Die Fragen stellte Uta Vorbrodt.


Jan Hendrik Stens / © Gerd Lödige (DR)
Jan Hendrik Stens / © Gerd Lödige ( DR )
Quelle:
DR