Über eine vergessene Kirche Roms

Der Ursprung des Valentin-Kults

Rosensträuße haben zum Valentinstag wieder Hochkonjunktur. Doch der Brauch geht auf den heiligen Valentin zurück und seine Spuren führen nach Rom.

Gottesdienst zum Valentinstag (KNA)
Gottesdienst zum Valentinstag / ( KNA )

Er heißt San Valentino von Terni, Patron der Verliebten. Doch verehrt wird er seit alters her auch in Rom. Die Forschung ging lange Zeit davon aus, dass es neben dem umbrischen Bischof Valentin noch einen Priester Valentin in Rom gab; beide seien im 3. Jahrhundert als Märtyrer gestorben. Inzwischen ist auch die These verbreitet, dass es sich um ein und dieselbe Person handele - und die Spuren weisen nach Rom.

Eine Überlieferung aus dem Frühmittelalter berichtet, Bischof Valentin von Terni sei auf Bitten des Rhetors Craton nach Rom gekommen, habe dessen Sohn von Epilepsie geheilt und die Familie vom christlichen Glauben überzeugt; dafür habe ihn der Präfekt Placidus hinrichten lassen. Eine andere alte Tradition weiß von einem Priester Valentin, der zur Regierungszeit von Kaiser Claudius Gothicus (268-270) den Martertod erlitten haben soll.

Dem römischen Blutzeugen Valentin geweiht

Die Fäden laufen möglicherweise an der Via Flaminia in Rom zusammen. Eine Viertelstunde zu Fuß nördlich der Piazza del Popolo stadtauswärts, wo heute die Straße Viale Mareschiallo Pilsudski abzweigt, ließ Papst Julius I. zwischen 337 und 352 eine Kirche errichten, die einem römischen Blutzeugen Valentin geweiht war.

An der Stelle der Kirche befand sich bereits ein vorchristlicher Friedhof, und es ist liegt nahe, dass Julius I., nachdem für Christen in Rom ruhigere Zeiten angebrochen waren, ein dort verehrtes Märtyrergrab durch den Kirchenbau schützen wollte. Archäologische Untersuchungen identifizierten eine Apsis aus den 4. Jahrhundert und eine weitere aus jüngerer Zeit. Vermutlich auf Papst Leo III. (795-816) geht eine Krypta unter der Kirche zurück, von der aus man durch ein Fensterchen einen Blick auf den Sarg des Heiligen werfen konnte.

Restaurierungen lassen sich archäologisch bis ins 12. Jahrhundert nachweisen. Danach wurden die Reliquien Valentins in die Kirche Santa Prassede im Zentrum Roms übertragen; die kleine Basilika verfiel. Heute sind nur ein paar Mauerreste erhalten, nicht zu besichtigen, eingezäunt und überwachsen an einer vom römischen Verkehr belebten Straßenecke.

Einst ein bedeutender Gedenkort

Dass es dennoch einmal ein bedeutender Gedenkort gewesen sein muss, bezeugt ein Lobgedicht, das Papst Damasus I. (366-384) auf Valentin verfasste. Fragmente davon fanden sich in der Kirche. Damasus I. dichtete gern und gut auf Latein - und brachte diese Elogien absichtsvoll in Gotteshäusern an den Ausfallstraßen an, um Reisenden die Größe des christlichen Rom zu illustrieren.

Ein anderer Indikator für das Ansehen der Valentinskirche ist die Zahl der Reliquien, die Pilger und Übernachtungsgäste des benachbarten Klosters in zahlreiche europäische Länder trugen: angebliche Gebeine und Knochenteile des Heiligen gelangten nach Fulda, Krumbach und Worms, Wien, Breslau, Prag, ja bis Glasgow und Dublin. Auch an der 63. Meile der Via Flaminia verehrte man Valentins sterbliche Überreste: in Terni, dem anderen Zentrum der Valentin-Tradition neben Rom.

Den Effekt, dass von römischen Pilgerhospizen aus ein Heiligenkult nach Europa exportiert wird und sich dort entfaltet, zeigt auch das frühchristliche Kloster San Pancrazio an der Via Aurelia: Von hier verbreitete sich die Pankratius-Verehrung unter anderem ins Rheinland und nach England - wo noch immer der Londoner Bahnhof San Pancras an den römischen Märtyrer erinnert.

Ein Blumen verschenkender Seelsorger

Aus dem angelsächsischen Raum scheint auch die Legende zu stammen, dass Valentin ein Blumen verschenkender, jungen Liebenden zugetaner Seelsorger gewesen sein soll - das entsprechende Brauchtum kam als Re-Import nach Italien und hält bei heutigen Römern das Gedenken an den Heiligen ihrer verfallenen Kirche an der Via Flaminia lebendig.

Von Burkhard Jürgens (KNA)