Regierung will vertrauliche Geburten regeln

Herkunftsdaten im Briefumschlag

Seitdem Ende der 1990er Jahre viele - auch christliche - Krankenhäuser mit Babyklappen Angebote zur anonymen Geburt schufen, gibt es Streit darum. Bereits mehrere Versuche scheiterten, diese gesetzlich zu regeln. Nun gibt es einen neuen Anlauf.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Das Gesetzesvorhaben, das sich noch in der Ressortabstimmung befindet, wird eines der ersten sein, mit denen sich das Kabinett im neuen Jahr beschäftigt. Statt einer "anonymen" will Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) Schwangeren in Notsituationen eine «vertrauliche» Geburt ermöglichen. Kernpunkt des Entwurfs ist, dass das Kind seine nur ihm zugängliche Herkunftsurkunde ab dem 16. Lebensjahr einsehen kann.

Das Fehlen einer solchen Regelung hatte unter anderem das Deutsche Jugendinstitut scharf kritisiert. In einer vor rund einem Jahr vorgelegten Bilanz zeigte es Missstände bei der anonymen Geburt auf. So bemängelten Experten, dass viele Träger die in ihren Krankenhäusern geborenen Kinder erst verspätet oder überhaupt nicht an staatliche Stellen meldeten. Besonders monierten sie, dass sie über den Verbleib vieler Kinder keine Angaben machen konnten, sie also nicht wussten, ob die Kinder etwa wieder bei ihrer leiblichen Mutter sind oder adoptiert wurden.

Der Deutsche Ethikrat hatte die Bundesregierung bereits vor drei Jahren aufgefordert, nach einer Lösung zu suchen. Ein erster Referentenentwurf des Familienministeriums ging dann einigen Verbänden nicht weit genug. So ist der jetzt vorliegende in einigen Punkten verbindlicher. Das Widerspruchsrecht der Mutter auf eine Einsicht des Kindes ist klarer geregelt. Um ihre Anonymität geltend machen zu können, muss sie nachweisen, dass ihr durch die Einsicht des Kindes "eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange erwachsen kann". Diese Definition gab es in der ersten Fassung nicht.

Klappen sollen weiter geduldet werden

Zudem wird in dem Entwurf festgehalten, wohin sich die betroffenen Frauen wenden können. Ihre Anlaufstellen sind demnach allgemeine Beratungsstellen für Schwangere. Dort sollen sie entsprechend geschulte Mitarbeiter möglichst bis zur Geburt begleiten. Vorgesehen ist, dass dort mit Einverständnis der Frau auch Vor- und Familienname für sie ("Aliasname") und ein Vorname für das Baby bestimmt wird. Die Herkunftsurkunde soll schließlich in einem versiegelten Umschlag an das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben geschickt und dort verwahrt werden.

Der Gesetzentwurf bedeutet aber nicht das Aus für die derzeit rund 100 Babyklappen und die Möglichkeit zur anonymen Geburt, die es in 130 Krankenhäusern gibt. Sie sollen weiter geduldet werden. In drei Jahren sollen die Angebote dann nochmals überprüft werden. Allerdings müssen deren Betreiber die "Findelkinder" künftig spätestens am folgenden Tag der Gemeindebehörde melden und weitere Mindestanforderungen einhalten. Entsprechende Standards wollen die Beteiligten noch entwickeln.

Zufriedene Katholische Kirche

Das Katholische Büro zeigt sich mit den Eckpunkten des Entwurfs zufrieden. Wesentliche Anregungen aus der Praxis der katholischen Beratungsstellen seien aufgenommen worden, erklärt dessen Leiter Karl Jüsten. Besonders freut er sich darüber, dass das voraussetzungsfreie und unüberprüfbare Recht der Mutter, dauerhaft anonym zu bleiben, zum Wohl des Kindes neu geregelt worden sei. Mit dem Gesetzentwurf könne das Kind seinen Anspruch auf Kenntnis seiner Herkunft verwirklichen, so Jüsten.

Wie wichtig dieses Wissen ist, bestätigen Experten regelmäßig. So leiden viele der anonym geborenen Kinder ein Leben lang darunter, dass ihre Eltern nicht bekannt sind. Persönlichkeitsstörungen können eine Folge sein.


Quelle:
KNA