Neue bundesweite Caritas-Kampagne gestartet

"Familie schaffen wir nur gemeinsam"

Die Familie steht im Fokus der neuen Caritas-Kampagne. "Hier wird unheimlich viel geleistet", erklärt Caritas-Präsident Prälat Dr. Peter Neher im domradio.de Interview. "Es gilt, diese Kräfte zu unterstützen."

 (DR)

Stolz verkündet der Mann am Schreibtisch die Erfolge seiner Firma: Produktionssteigerung trotz Wirtschaftskrise und geringerer Belegschaft. Als die Kamera in dem kurzen Spot nach draußen schwenkt, wird klar, dass er noch zu später Stunde im Büro sitzt. Er habe, so erklärt der Mittdreißiger weiter, stets 120 Prozent für die Firma gegeben. Allerdings, fährt er mit müder Stimme fort, habe er deswegen nur fünf Prozent seiner Zeit mit seiner Familie verbringen können. Die Kamera zeigt auf den Bildschirmschoner seines Computers: Dort lächelt ihn eine Frau und ein Kind an, offensichtlich seine Familie.

«Überstunden», das ist Thema des kurzen Videospots, der seit Mittwoch auf der Homepage der Caritas abrufbar ist. Weitere drehen sich um Scheidungskinder, Burnout und Arbeitslosigkeit. Sie alle sind dem Thema Familie zugeordnet, das die Caritas in diesem Jahr besonders in den Blick nehmen will. "Familie schaffen wir nur gemeinsam" lautet das Thema ihrer Kampagne, die Caritaspräsident Peter Neher am Mittwoch in Berlin startete. "In Familien wird unheimlich viel geleistet, ob bei Kinderbetreuung oder die Pflege von nahen Angehörigen", erklärte Neher im domradio.de Interview. "Das möchten wir in den Fokus stellen. Es gilt, die Kräfte in den Familien zu stärken und zu unterstützen."

Elterngeld muss weiterentwickelt werden

Für Neher bedeutet das zum einen ihre finanzielle Situation. "Die Gründung einer Familie darf nicht zum Armutsrisiko werden", forderte er bei der Eröffnung der Kampagne. Das Elterngeld sei ein gutes Instrument, es müsse aber weiterentwickelt und der Sockelbetrag auf drei Jahre verlängert werden. Dies gelte auch für Grundsicherungsempfänger, bei denen das Geld derzeit auf andere Leistungen angerechnet wird. Weiter macht er sich für einen schnelleren Ausbau der Kitas stark. Und sieht dabei auch seinen Verband in der Pflicht, der zusammen mit anderen Einrichtungen der katholischen Kirche rund ein Fünftel der Kitas für unter Dreijährige stellt.

Aber Neher geht es nicht allein um finanzielle Unterstützung. Er appelliert an Politik und Wirtschaft, Bedingungen zu schaffen, damit Eltern Beruf und Familie besser unter einen Hut bringen können. Dazu gehören für ihn flexiblere Arbeitszeiten. Durch Zeitkonten könnten Familienangehörige in Lebensphasen mit einem hohen familiären Zeitbedarf weniger Erwerbsarbeit leisten und dies später ausgleichen.

"Kinderschreien darf nicht als Lärm wahrgenommen werden"

Die eingeführte Familienpflegezeit bezeichnet Neher als Schritt in die richtige Richtung. Wichtig sei aber, dass es dafür einen Rechtsanspruch gebe. Ansonsten seien Angehörige auf das Entgegenkommen ihres Arbeitgebers angewiesen. Diese Maßnahmen führten nicht automatisch zu einer steigenden Geburtenrate, so Neher. Dazu gehöre auch ein besseres gesellschaftliches Klima für Familien. Und eine Mentalität, zu der gehöre, dass Vermieter keine kinderlosen Mieter mehr bevorzugten oder arbeitende Mütter den Stempel der Rabenmütter erhielten. "Kinderschreien darf nicht als Lärm, sondern als Musik in den Ohren einer Gesellschaft empfunden werden", meint Neher.

Zudem brauche es einen gewissen "Mut zur Lücke". Junge Paare müssten sich von einem zu idealistischen Bild einer jungen Familie verabschieden, so der Caritaspräsident. Nur in den seltensten Fällen seien alle äußeren Umstände für eine Familiengründung optimal. Wohnung, Job, Verdienst - es müsse nicht alles perfekt sein.


Caritas-Präsident Peter Neher / © Markus Nowak (KNA)
Caritas-Präsident Peter Neher / © Markus Nowak ( KNA )
Quelle:
KNA