Katholische Verbände weisen Betreuungsgeldpläne zurück

Keine Hilfe für Familien

Seit Monaten wird er erwartet: Der Gesetzentwurf für das umstrittene Betreuungsgeld. Jetzt sind erste Details bekannt geworden. Der Caritasverband und der Familienbund der Katholiken lehnen die Regierungspläne ab. Statt des Betreuungsgeldes fordern sie eine Anschlussleistung an das Elterngeld.

Claudia Hagen (Familienbund der Katholiken) (KNA)
Claudia Hagen (Familienbund der Katholiken) / ( KNA )

Der Sockelbetrag des Elterngeldes in Höhe von derzeit 300 Euro solle für alle bis zum Ende der gesetzlichen Elternzeit gezahlt werden, erklärten beide Verbände. Unter Maßgabe eines ausreichenden Angebots an Kita-Plätzen sei erst dann eine freie Wahlmöglichkeit zwischen den Betreuungsformen möglich.

Nach Ansicht der Verbände hilft das geplante Betreuungsgeld den Familien nicht, die auf den Verdienst beider Eltern angewiesen sind, da es nach bisheriger Planung nur dann gezahlt werden soll, wenn keine öffentlich geförderte Kinderbetreuung in Anspruch genommen wird.

Neher: Erheblicher finanzieller Druck auf arme Familien
Caritas-Präsident Peter Neher betonte, vor allem Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen seien infolge des Verdienstausfalls bei häuslicher Betreuung einem erheblichen finanziellen Druck ausgesetzt. Zusätzliche Transferleistungen seien deshalb notwendig. Auch die Präsidentin des Familienbunds, Elisabeth Bußmann, wies darauf hin, dass eine freie Wahl zwischen Kita oder Betreuung zu Hause nur durch eine entsprechende finanzielle Flankierung möglich sei. Der Mindestbetrag müsse daher auch im zweiten und dritten Lebensjahr des Kindes gezahlt werden.

Am Dienstag wurde der Entwurf vom Bundesfamilienministerium bereits in die Ressortabstimmung gegeben - und damit auch Details bekannt. Laut dem Papier soll es eine Stichtagsregelung geben, nach der nur ab Januar 2012 geborene Kinder die neue Leistung erhalten. Hartz-IV-Empfänger gehen leer aus. Das heiß debattierte Vorhaben schließe eine "Förderlücke", heißt es im Entwurf.

Bei der zum 1. Januar 2013 geplanten neuen Leistung soll es ausdrücklich nicht um eine "Herdprämie" gehen, die Mütter veranlasse, zuhause zu bleiben. Das Geld kann auch von Vollzeit arbeitenden Eltern unabhängig von der Höhe ihrer Einkommen bezogen werden.

Grundlage für die Auszahlung ist, dass sie für ihr ein- oder zweijähriges Kind keine öffentlich geförderte Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen. Ausnahmen sind "Härtefälle" etwa bei schwerer Erkrankung, in denen das Kind vorübergehend in einer öffentlich geförderten Einrichtung betreut wird.

Ausgaben für private Betreuung sollen gemindert werden
Ausgaben für private Betreuung - sei es durch zeitweisen Verzicht auf den Beruf, das Engagement der Großeltern oder eben auch die Anstellung eines Au Pairs oder eines Kindermädchens - sollen durch das Betreuungsgeld gemindert werden. Konkret heißt es im Entwurf, es werde "die ökonomische Grundlage für eine selbstbestimmte Entscheidung über die Art der Betreuung von Kinder verbessert und damit die Wahlfreiheit gefördert". Weitere Bedingungen, etwa den Nachweis besuchter Vorsorgeuntersuchungen, gibt es nicht. Im Jahr 2013 soll es zunächst 100 Euro monatlich, ab 2014 dann 150 Euro geben. Geschätzte Kosten: 2013 400 Millionen Euro, ab 2014 1,2 Milliarden Euro pro Jahr.

Seit Jahren werde von Bund und Ländern der Ausbau der Kinderbetreuung gefördert "und damit eine bestimmte Form der frühkindlichen Betreuung unterstützt", wird in der Entwurfsbegründung erläutert. Diese öffentliche Betreuung werde staatlich subventioniert, private aber nicht. Dies sei ein "Ungleichgewicht". Somit sei erforderlich, auch individuelle Betreuung zu unterstützen. Das sei auch ein "deutliches Zeichen der Anerkennung für junge Eltern", die ihre Kinder privat betreuten.

Ähnlich wie bei der Einführung des Elterngeldes soll auch beim Betreuungsgeld eine Stichtagsregelung gelten, um den Verwaltungsaufwand zu mindern: Es wird nur für ab dem 1. Januar 2012 geborene Kinder gezahlt. Bezogen werden kann es vom 13. Lebensmonat an. Gezahlt wird für höchstens zwei Jahre, bis zum 3. Geburtstag des Kindes.

Wie bereits im Vorfeld bekannt und von sozialen Organisationen wie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband wie auch der Opposition kritisiert wurde, haben Hartz-IV-Empfänger nichts vom Betreuungsgeld. Ihnen wird es in voller Höhe vom Arbeitslosengeld II wieder abgezogen.

Dies sei "systematisch folgerichtig und wirtschaftlich vertretbar", heißt es im Entwurf, der das Betreuungsgeld als Einkommen wertet, das wie alle anderen Einkommen von Hartz-IV-Berechtigten für die Bedarfssicherung herangezogen werden muss. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass es unter anderem mit dem Bildungspaket in jüngster Zeit für Kinder aus sozial schwachen Familien Verbesserungen gegeben habe.

Am 6. Juni soll der Entwurf im Kabinett abgestimmt, Ende Juni dann abschließend im Bundestag beraten werden. Die Opposition lehnt das Vorhaben ab, da es aus ihrer Sicht vor dem Hintergrund des schleppenden Kita-Ausbaus falsche Anreize setzt. Die SPD droht sogar mit einer Verfassungsklage. Auch innerhalb der Regierungskoalition gibt es Unmut.