Polizei bricht Karfreitagsliturgie ab

"Befugnisse grob überschritten"

Die Karfreitagzeremonie der polnischen Gemeinde in London hat ein jähes Ende gefunden. Wegen Nicht-Einhalten der Corona-Regeln wurde die Feier von der Polizei abgebrochen. Die Gemeinde sagt, sie habe sich an alle Vorgaben gehalten.

Autor/in:
Renardo Schlegelmilch
Absperrband der Polizei / © Prath (shutterstock)

Die Regelungen für Gottesdienste in der Pandemie sehen für Großbritannien ähnlich aus wie in Deutschland. Eigentlich sind Menschenansammlungen, besonders in Innenräumen, untersagt. Wenn die Kirchen aber ein tragendes Hygienekonzept vorlegen können, gibt es Ausnahmen.

Die gelten auch für die katholische Kirche in England. Ob sich die polnische Gemeinde im Süden von London am Freitag daran gehalten hat, ist anscheinend Ansichtssache. Die Gemeinde sagt: ja, die Polizei sagt: nein. Das britische Magazin The Tablet berichtet auf seiner Internetseite über den Vorfall.

Gläubige trugen zum Teil keine Maske

Nach Angaben der Metropolitan Police habe man am Karfreitag gegen 17 Uhr die Benachrichtigung bekommen, dass es vor der Kirche "Christ the King" im Stadtteil Balham zu einer größeren Menschenansammlung gekommen ist.

Als die Beamten vor Ort eintrafen, befand sich nach ihren Angaben eine größere Gruppe Gläubiger in der Kirche, die zum Teil keine Masken trugen und sich nicht an die geltenden Abstandsregeln hielten. Gegen 18 Uhr forderten die Polizisten die Gemeindemitglieder unter Androhung von 200 Pfund Strafe auf die Kirche zu verlassen.

Die Liturgie wurde damit ca. 30 Minuten vor ihrem eigentlichen Ende abgebrochen. Noch am Osterwochenende besuchte der Erzbischof von Southwark, John Wilson, zu dessen Bistum die Gemeinde gehört, das Gotteshaus.   

Unverständnis in Bistum und Gemeinde

Das Bistum ist nicht glücklich über diesen Vorfall und betont, dass die Corona-Maßnahmen eingehalten wurden. Der Rektor der polnischen Gemeinde hat angekündigt, sich im Nachgang nochmals mit der Polizei in Verbindung zu setzen und über den Ablauf des Geschehens zu diskutieren.

Andrzej Fryzicki hat den Vorfall auf YouTube veröffentlicht: "Die Plätze für die Liturgie wurden vorab gebucht und vor der Feier haben wir sichergestellt, dass alle Maßnahmen eingehalten wurden." In einer Stellungnahme auf der Website der Gemeinde vermutet man, dass die Polizisten nicht über die Lockdown-Regeln für Gottesdienste informiert waren, da sie als Grund nur das Verbot von Menschenansammlungen angebracht haben. 

"Wir glauben, dass die Polizei ihre Befugnisse grob überschritten hat. Für den Abbruch der Feier gab es keinen vernünftigen Grund, wir haben uns an alle Auflagen der Regierung gehalten."

Polizei betont Abbruch der Liturgie wegen Infektionsrisikos

Die Londoner Polizei äußerte sich ebenfalls in einem Statement und betonte nochmals, dass vor allem das Infektionsrisiko Ausschlag für den Einsatz gegeben hat: "Unsere größte Sorge ist der Virenschutz. Menschenansammlungen in Innenräumen sind besonders problematisch, wenn den Masken- und Abstandspflicht nicht eingehalten wird. In dieser Lage haben die Beamten entschieden, dass die religiöse Feier nicht ohne Gefahr fortgesetzt werden konnte."

Karfreitag

Am Karfreitag gedenken die Christen des Leidens und Sterbens Jesu. Theologisch ist der Feiertag untrennbar mit Ostern als dem Fest der Auferstehung verbunden.

Das Wort "Kar" kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet "Kummer". Karfreitag gedenken Katholiken und Protestanten der Kreuzigung Jesu. Neben Aschermittwoch ist dies der einzige Tag, der in der katholischen Kirche als strenger Buß- und Fasttag gilt.

Karfreitag ist ein stiller Feiertag (dpa)
Karfreitag ist ein stiller Feiertag / ( dpa )
Quelle:
DR