Kabarettist Beikircher mit neuem Programm zum Umgang mit Seuchen

Premiere am Freitag digital - live aus Kölner Theater

Der Titel klingt provokant: "Kirche, Pest und neue Seuchen". Kirchenkritik und Glaube gehören für den Kabarettisten Konrad Beikircher zusammen. In seinem neuen Programm trifft Geschichte auf aktuelle Schlagzeilen.

Autor/in:
Paula Konersmann
Symboldbild Maske in der Kirche/Gottesdienst in Corona-Zeiten (Bistum Essen)
Symboldbild Maske in der Kirche/Gottesdienst in Corona-Zeiten / ( Bistum Essen )

Natürlich freue er sich auf die Premiere, betont Konrad Beikircher. Er sei "heiß darauf, wieder etwas zu erzählen", sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Am Freitag ist es soweit. Sein neues Programm präsentiert er allerdings vor leeren Reihen. Coronabedingt sind im Kölner "Senftöpfchen"-Theater keine Zuschauer zugelassen. Dafür wird die Premiere live gestreamt - für den Kabarettisten eine "tolle neue Möglichkeit". In der Pandemie zeige sich ein tiefes Bedürfnis nach Kunst, Kultur, einfach "nach etwas Schönem", hat er beobachtet.

Inhaltlich dürfte es rheinisch-heiter, aber auch durchaus kritisch zugehen. Unter dem Eindruck der Pandemie habe er sich gedacht: "Dazu muss man etwas machen", erklärt der 75-Jährige, der als eine Art inoffizieller Botschafter der kölschen Redens- und Lebensart gilt. Weder die Pandemie selbst noch die Verschwörungstheorien, die in diesem Zusammenhang aufkämen, seien aus historischer Sicht etwas Neues: "Seit wir Menschen auf der Welt sind, gibt es Seuchen, und wir Menschen sind die schlimmste Seuche überhaupt."

"Kirche, Pest und neue Seuchen"

Der Titel des Programms: "Kirche, Pest und neue Seuchen". Gerade bei der historischen Recherche stoße man "an jeder Ecke auf die Kirche", erklärt Beikircher. Etwa beim Ausbruch der Justinianischen Pest im 6. Jahrhundert habe die Kirche am Ablasshandel gut verdient. "Dieses Modell ist geblieben. Die Kirche hat Seuchen genutzt, um Gläubigen Angst zu machen - andersherum gesagt, um Gläubige an sich zu binden."

Kirchenkritische Töne sind nichts Neues für den Kabarettisten. So trug sein Programm zum Reformationsgedenken den Titel "500 Jahre falscher Glaube". Religiöse Überzeugungen anderer seien ihm jedoch heilig, sagte Beikircher einmal im Deutschlandfunk. Er habe sich auch noch nie über Allah und Buddha lustig gemacht. "Das Wichtigste in meinem persönlichen Glaubenssystem ist die Bergpredigt", sagt er. "Der versuche ich, im Alltag einigermaßen zu entsprechen - das ist schwer genug. Ich versuche, Menschen mit Nächstenliebe zu begegnen, auch wenn ich damit oft auf die Nase falle oder dafür belächelt werde."

Zwei Mal ausgetreten

Er sei zwei Mal aus der katholischen Kirche ausgetreten - "und ich bin gläubiger denn je zuvor", wie er sofort ergänzt. 1979 trat er aus, nachdem seine erste Ehefrau sich das Leben genommen hatte und nicht auf dem kirchlichen Friedhof bestattet werden durfte. Auch das zweite Mal geschah der Schritt aus Ärger - über den damaligen Kölner Kardinal Joachim Meisner, der sich im Jahr 2007 gegen eine Mahlgemeinschaft von Katholiken und Protestanten ausgesprochen hatte. Eine Haltung, die Beikircher bis heute aufregt: "Es kann doch nicht sein, dass manches, was eine Glaubensgemeinschaft anders interpretiert, wichtiger ist als der gemeinsame Glaube an Gott."

Ohne Religion werde es in der Gesellschaft kälter, warnt der Kabarettist ganz ohne Augenzwinkern. Heute werde öffentlich kaum noch über den Glauben gesprochen. Dass dieser verschwinde, befürchte er nicht. "Aber die Institution hat sich weit von der ursprünglichen Idee entfernt, Menschen für das Leben zu stärken und auf das Leben nach dem Tod vorzubereiten."

 Kirche stehe "mit dem Rücken zur Wand"

Und so dreht sich sein aktuelles Programm nicht nur um die Haltung der Kirche zu Corona, die er als "hilflos" beschreibt. Auch die Vorgänge im Erzbistum Köln, der generelle Umgang mit dem Missbrauchskandal und das "Männerproblem" der Kirche werden aufs Korn genommen. Im Vorfeld outet sich der Musiker und Autor als Fan der Frauen-Protestbewegung Maria 2.0. "Auch die vielen Menschen, die momentan aus der Kirche austreten, denken sich etwas dabei. Die Kirche ist erstmals mit dieser Eigenständigkeit der Gläubigen konfrontiert, und sie kommt noch nicht damit zurecht."

Ihm tue die Situation weh, sagt Beikircher auch. Aufgeben will er die Institution ganz offensichtlich nicht. Vielmehr wirbt er, der selbst kein Blatt vor den Mund nimmt, für Offenheit im Umgang mit Problemen. Die Kirche stehe "mit dem Rücken zur Wand", sagt der Kabarettist. "Aber dann muss sie sich umdrehen und sich ihren Problemen stellen".


Quelle:
KNA