Pfarrer kritisiert Massenaufnahmen von Eucharistiefeiern im Netz

"Man schmeißt das Heiligste ins Internet"

Das Internet sei voll von schlechten Gottesdiensten, kritisiert Pfarrer Andreas Schönfeld. Er spricht sich dagegen aus, Eucharistiefeiern komplett hochzuladen. Vielmehr brauche es einen personalisierten Ansatz für eine Online-Spiritualität. 

Gestreamter Gottesdienst / © Cristian Gennari (KNA)
Gestreamter Gottesdienst / © Cristian Gennari ( KNA )

DOMRADIO.DE: Streamen Sie Ihre Gottesdienste ins Netz?

Pfarrer Andreas Schönfeld (Pfarrvikar in St. Pankratius, Köln): Wir haben einige Sachen hier in Sankt Pankratius, Köln-Worringen, aber relativ wenig. Wir haben im Vergleich zu anderen Gemeinden nicht sehr viel gemacht. Allerdings haben wir vom Team aus Andachten mit ruhigen Bildern aus der Kirche gestaltet. Das war zwar keine Massenbewegung, aber ist gut angekommen in der Gemeinde. Das hatte den Vorteil, dass das mit einfachen Mitteln, mit der Musik, mit den Bildern, mit guten Aufnahmen, die spontan gemacht wurden – dafür, dass das alles keine Profis sind – wirklich sehr gut geworden ist.

Technisch wäre eine Übertragung sehr aufwendig gewesen und da war keiner so richtig drauf vorbereitet. Bei den Gläubigen ist das gut angekommen. Das hat den Gottesdienst nicht ersetzt, aber das ist sehr wertschätzend angekommen in der Gemeinde und war tröstlich für Manchen.

DOMRADIO.DE: Sie sagen: Das, was man bei einigen Gemeinden im Moment sieht, ist "eine Karikatur des Katholischen". Was genau meinen Sie damit?

Schönfeld: Bei allem guten Willen, irgendwas zu machen, zu zeigen, dass man niemanden allein lässt und eine Gottesdienst-Kultur durch die Coronakrise durchzutragen, unterschätzen manche, dass es ein Auftritt ist. Gerade wenn alle zuschauen können, ist das ein bisschen wie Kino. Es hat etwas Dokumentierendes. Abgesehen von technischen Problemen, die dann auftauchen, wird zu oft dasselbe dargestellt. Es gibt keine richtige Gottesdienstgemeinde und man sieht Schwächen viel stärker, als wenn man live auftritt.

Das geht so weit, dass die Leute nicht richtig angezogen sind, dass da jemand mit Hosenträger steht, unrasiert ist und im Hintergrund sieht es aus wie Fausts Studierzimmer. Da fehlt nur noch, dass jemand eine Tasse Kaffee hereinbringt. Der Inhalt ist manchmal sehr gut, aber der geht dann wirklich unter in diesen komischen Dingen. Gerade Außenstehende, die die Leute nicht kennen, empfinden das dann teilweise als Comedy.

DOMRADIO.DE: Wie bringt man denn Internet und spirituelles Glaubenserlebnis zusammen?

Schönfeld: Karl Rahner war in den fünfziger Jahren schon gegen die Übertragung von Eucharistiefeiern, bei denen alles ins Fernsehen übertragen wird. Darüber kann man natürlich streiten. Was ich ein bisschen bedenklich finde, ist, dass komplette Massen an kompletten Eucharistiefeiern ins Netz gestellt und dann auch diskrete Augenblicke wie der Kommunion abgefilmt werden. Das ist bei Übertragungen meist nicht der Fall, aber kommt trotzdem viel zu häufig vor. Man schmeißt das Heiligste, das wir haben, ins Internet. Bonhoeffer hat schon gesagt, dass das auch eine Arkandisziplin (Geheimhaltung von Lehre und Brauch einer Religionsgemeinschaft vor Außenstehenden, Anm. d. Red.) ist. Das kann man nicht einfach so ins Netz stellen. Man muss gewisse Bedingungen erfüllen.

Die Problemlösung ist da auch erst am Anfang. Was mir wichtig erscheint, ist, dass es personalisiert ist, dass man das nicht einfach ins Netz stellt, sondern die Leute, die dran teilnehmen, als Gemeinschaft zusammenschließt. Ich nehme das Beispiel von Zoom-Meetings: Ich habe einige Zoom-Meetings mit einem spirituellen Gesprächskreis durchgeführt, in dem sich alle kennen, die daran teilnehmen. Das war eine richtig geistliche Erfahrung. Durch die Corona-Situation haben auch Leute daran teilgenommen, die sonst gar nicht hätten kommen können. Dadurch, dass alle sich kannten und wussten, dass keiner mithört und es nicht aufgezeichnet wird, hatte das eine richtig spirituelle Qualität.

Es gibt noch ein anderes Beispiel: Ich habe jetzt spirituelle Begleitung teilweise per Video gemacht. Manche sind so in Prozesse reingekommen, die intensiver sind als das, was face to face passiert. Vielleicht durch diesen Schutzraum und das zu Hause zu sein oder nicht fahren zu müssen. Das Entscheidende ist, dass man eine persönliche Beziehung aufbaut und dazu auch die technischen Möglichkeiten herstellt. Man sollte aber die heiligsten Dinge nicht einfach in Masse ins Netz stellen. Theoretisch kann jeder auf dem Trimmdich-Rad im Sportstudio die Messe gucken oder daran teilnehmen. Das passt dann vor allem nicht zur Eucharistiefeier. Wenn das eine Erstverkündigung ist, eine Missionspredigt, dann ist das eine andere Sache.

Aber diese Intimität der Eucharistie, die müsste unbedingt mehr geschützt werden. Meines Erachtens geht das darüber, dass es personalisierter ist, dass man sich anmeldet, freigeschaltet wird und danach aber es nicht einfach ins Netz stellt. Das finde ich gerade bezogen auf die Messe wichtig.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR