In der Diskussion um Corona-Impfungen hält das Ethikrat-Mitglied Steffen Augsberg eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen oder Tätigkeitsbereiche für möglich. "Ob man die aber tatsächlich braucht, zum Beispiel auf den Intensivstationen, das hängt von der freiwilligen Befolgung ab", sagte der Gießener Rechtsprofessor dem Portal hessenschau.de am Samstag. Für die Gesamtgesellschaft werde es mit Sicherheit dabei bleiben, dass es keine Impfpflicht geben werde.
Der Deutsche Ethikrat befürwortet eine Priorisierung der Impfungen mit dem Ziel, schwere Covid-19-Verläufe und Todesfälle zu vermeiden. Dazu sollten sich Risikogruppen wie Ältere und Vorerkrankte vorrangig impfen lassen, aber auch Medizin- und Pflegepersonal sowie Menschen in Berufen zur Aufrechterhaltung staatlicher Funktionen und des öffentlichen Lebens.
Augsberg sprach sich für eine Behandlung des Themas in den Parlamenten aus: "Bei der konkreten Impfsituation glaube ich aber, dass wir dringend eine gesetzliche Grundlage im Infektionsschutzgesetz brauchen, die die groben Leitlinien enthält. Auf der Basis könnte dann etwa eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums ergehen oder eine Verordnung, die zusätzlich noch auf eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission verweist. Wir brauchen ein gestuftes Verfahren, das in jedem Fall eine Beteiligung des Gesetzgebers enthält." (dpa, 5.12.2020)
22.12.2020
Es ist soweit: Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat grünes Licht für den ersten Impfstoff gegen Covid-19 gegeben. Hilfsorganisationen begrüßen die Entwicklung, fordern aber eine gerechte Verteilung der Wirkstoffe.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach von einem "Meilenstein in der Pandemiebekämpfung". Auch Hilfsorganisationen begrüßten die Entwicklung, erneuerten aber zugleich ihre Forderungen nach einer gerechten, weltweiten Verteilung der Präparate und nahmen die Pharmaindustrie in die Pflicht.
Die Pandemie könne nur gemeinsam besiegt werden
Der Hauptgeschäftsführer des Entwicklungshilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, rief zu Solidarität mit Schwächeren und verletzlichen Gruppen auf. Die Pandemie könne nur gemeinsam besiegt werden, nicht jedoch "mit Egoismen und Partikularinteressen". Die Länder des globalen Südens seien angesichts der künftigen Versorgung mit Impfstoffen gegen das Coronavirus besorgt. Ihr Leben und Leiden sei jedoch wenig im Blick. Ein Patentschutz auf einen Impfstoff müsse "zur Sicherung des gerechten, weltweiten Zugangs zu Impfstoffen zumindest temporär aufgehoben werden", so Spiegel noch vor der EMA-Impfstoff-Zulassung.
Grundsätzlich wirke die Corona-Krise "wie ein Brennglas für multiple gesellschaftliche Missstände", betonte der Misereor-Chef. Globale Krisen hätten sich in der Pandemie verschärft. Ein "Weiter so" dürfe es nicht geben, mahnte Spiegel.
Impfstoffhersteller Biontech zeige mangelndes Engagement
Die Nichtregierungsorganisation One warf dagegen dem deutschen Impfstoffhersteller Biontech mangelndes Engagement in der Verteilungsfrage vor. So sei vom Versprechen des Unternehmenschefs Ugur Sahin, den Impfstoff schnellstmöglich auf der ganzen Welt zur Verfügung zu stellen, praktisch nichts zu sehen, kritisierte der Direktor von One Deutschland, Stephan Exo-Kreischer. "Es wurden weder Preisnachlässe für Entwicklungsländer angekündigt noch eine Zusammenarbeit mit der internationalen Impfstoff-Initiative Covax."
Bislang habe der Vorstand des Unternehmens seinen politischen Einfluss nicht genutzt, um sich für eine gerechte Verteilung einzusetzen, so Exo-Kreischer weiter. "Alle auf der Welt müssen Zugang zum Impfstoff bekommen. Ansonsten wird sich die Pandemie länger hinziehen als nötig und das wird uns allen auf die Füße fallen."
Impfstoff sollte gleichmäßig verteilt werden
Auch der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, und der katholische Moraltheologe, Franz-Josef Bormann, sprachen sich für einen supranationalen Verteilungsmechanismus des Impfstoffs aus. "Wir können den Kampf gegen Sars-Cov-2 nicht in Deutschland gewinnen", betonte Montgomery. Daher sei es sinnvoll und wichtig, ärmeren Ländern bei der Impfstofffinanzierung zu helfen oder die Kosten sogar zu übernehmen.
Bereits am Wochenende hatten sich die Hilfswerke Caritas international und Save the Children für eine faire globale Verteilung des Impfstoffs ausgesprochen. Es dürfe in dieser Frage weder Nationalismus, noch eine Benachteiligung der armen Länder wegen ihrer wirtschaftlichen Schwäche geben, so der Appell der Organisationen.
In der Diskussion um Corona-Impfungen hält das Ethikrat-Mitglied Steffen Augsberg eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen oder Tätigkeitsbereiche für möglich. "Ob man die aber tatsächlich braucht, zum Beispiel auf den Intensivstationen, das hängt von der freiwilligen Befolgung ab", sagte der Gießener Rechtsprofessor dem Portal hessenschau.de am Samstag. Für die Gesamtgesellschaft werde es mit Sicherheit dabei bleiben, dass es keine Impfpflicht geben werde.
Der Deutsche Ethikrat befürwortet eine Priorisierung der Impfungen mit dem Ziel, schwere Covid-19-Verläufe und Todesfälle zu vermeiden. Dazu sollten sich Risikogruppen wie Ältere und Vorerkrankte vorrangig impfen lassen, aber auch Medizin- und Pflegepersonal sowie Menschen in Berufen zur Aufrechterhaltung staatlicher Funktionen und des öffentlichen Lebens.
Augsberg sprach sich für eine Behandlung des Themas in den Parlamenten aus: "Bei der konkreten Impfsituation glaube ich aber, dass wir dringend eine gesetzliche Grundlage im Infektionsschutzgesetz brauchen, die die groben Leitlinien enthält. Auf der Basis könnte dann etwa eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums ergehen oder eine Verordnung, die zusätzlich noch auf eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission verweist. Wir brauchen ein gestuftes Verfahren, das in jedem Fall eine Beteiligung des Gesetzgebers enthält." (dpa, 5.12.2020)