KAB begrüßt Urteil zum Sonntagsschutz

Für niemanden hilfreich

Eigentlich sollten die Adventssonntage in NRW verkaufsoffen sein, dafür haben sich auch die fünf katholischen Bistümer ausgesprochen. Das Oberverwaltungsgericht Düsseldorf hat nun aber einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Einkaufen an Heiligabend mancherorts möglich / © Julian Stratenschulte (dpa)
Einkaufen an Heiligabend mancherorts möglich / © Julian Stratenschulte ( dpa )

DOMRADIO.DE: In NRW dürfen an den Adventssonntagen nun doch nicht die Geschäfte öffnen, obwohl Landesregierung und auch die Bistümer sich dafür ausgesprochen hatten. Sie sind als Katholische Arbeitnehmer-Bewegung vermutlich zufrieden mit diesem Urteil?

Hermann Hölscheidt (KAB-Diözesansekretär Bistum Münster): Ja, auf jeden Fall. Es hat ja letztlich nur das bestätigt, was in Deutschland schon lange höchstrichterlich - also Bundesverfassungsgericht, Bundesverwaltungsgericht - festgestellt worden ist, dass der Sonntag eigentlich ein freier Tag ist für den Einzelhandel. Der Sonntagsschutz ist ein ganz wichtiger Punkt. Es ist ein Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein sehr altes Schutzgebot, was ja schon seit Jahrhunderten besteht und was wir auch, glaube ich, für wichtig halten, damit so etwas wie ein vereinbarter gemeinsamer Tag für möglichst viele Menschen möglich ist.

DOMRADIO.DE: Dass das Gericht die Regelung der Sonntagsöffnung nun kassiert, sei für die Kommunen ganz bitter, sagt NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach von der CDU. Handel, Städte und sogar Beschäftigte hätten viel Hoffnung in die verkaufsoffenen Sonntage gelegt, so die Ministerin. Was würden Sie dem entgegenhalten?

Hölscheidt: Die ganzen Umsatzverluste, die der Handel jetzt hatte durch Corona, die werden auch mit sowas nicht aufgeholt, sondern es wird ja eher nochmal etwas verlagert auf einen Tag, oder jetzt auf fünf Sonntage, was da geplant war. Die Menschen, die jetzt bisher nicht mehr im Einzelhandel einkaufen, weil sie zum Beispiel sagen "Okay, ich kaufe wegen Corona lieber im Internet", die tun das doch weiterhin. Die werden nicht deshalb jetzt in die Städte gehen und in den Einzelhandelsgeschäften ihrer Umgebung kaufen, sondern die werden weiterhin im Internet einkaufen, wie sie das vorher auch getan haben. Das heißt, das löst das Problem nicht wirklich. Es schafft nur Arbeitsbedingungen, die auf jeden Fall nicht besser sind.

DOMRADIO.DE: Wenn nun keine verkaufsoffenen Sonntage, was schlagen Sie denn vor? Was haben Sie für Ideen, was getan werden könnte zur Stärkung des Einzelhandels?

Hölscheidt: Es ist letztlich eine Frage, die ich mir als Konsument stellen muss, die sich jede und jeder bei uns als Konsument stellen muss. Will ich, dass der Einzelhandel überlebt in Deutschland? Will ich, dass es bei mir vor Ort weiter Geschäfte gibt, die offen haben. Dann muss ich da hingehen. Und selbst wenn ich sage "Okay, aus Coronagründen mag ich im Moment nicht einkaufen gehen. Alles voll, alles eng. Ansteckungsgefahr oder ungemütlich. Ich muss eine Maske tragen. Will ich eigentlich nicht." Gegebenenfalls hat der Einzelhändler bei mir vor Ort, der Buchhändler, das Bekleidungsgeschäft, wer auch immer, das Musikgeschäft, eine Homepage. Kann ich bei dem online was bestellen? Kriege ich vielleicht von dem auch geliefert? Das heißt, es ist meine Überlegung, ich habe es in der Hand als Konsument, ob ich über die großen Plattformen bestelle oder ob ich sage, ich konzentriere mich auf die vor Ort, weil die machen letztlich auch meinen Ort lebenswert.

DOMRADIO.DE: KAB-Präses Michael Prinz - ebenfalls aus ihrem Bistum - hat gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur KNA auch durchaus Kritik geäußert, dass die Kirchen den geplanten Sonntagsverkauf geduldet und so wirtschaftliche Interessen vorwiegend von großen Einzelhandelsketten über den Sonntagschutz gestellt hätten. Schließen Sie sich dieser Kritik an?

Hölscheidt: Absolut. Vollkommen. Es ist ja tatsächlich so, wenn man mit den kleinen Einzelhändlern redet, mit den kleinen familiengeführten Geschäften, die vielleicht schon seit Jahrzehnten in Familienbesitz sind, die sagen ganz deutlich: Der verkaufsoffene Sonntag bringt für uns überhaupt nichts, sondern wir haben nur mehr Belastung. Wir werden wieder mehr belastet und werden irgendwann nur noch von den Großen, die es sich gut leisten können, sehr flexibel mit ihren Arbeitskräften umzugehen, noch mehr geschluckt werden.

DOMRADIO.DE: Die fünf katholischen Bistümer in Nordrhein-Westfalen hatten dem verkaufsoffenen Sonntagen im Advent ja zugestimmt. Wurden Sie denn in Ihrem Bistum in die Entscheidungsfindung mit eingebunden oder wurden Sie da außen vor gelassen?

Hölscheidt: Nein, wir sind da überhaupt nicht gefragt worden. Der Bischof wusste auch sehr genau, wie wir dazu stehen. Wir hätten ganz klar gesagt, wir wollen das nicht. Und wir halten das auch für verkehrt. Wir halten das weder ökonomisch noch aus Arbeitsschutzgründen für gut und richtig. Wir waren da wirklich sehr enttäuscht. Deswegen, die Enttäuschung von Michael Prinz, die teile ich auch. Die haben wir auch unserem Bischof deutlich mitgeteilt, weil wir sagen, wir glauben nicht, dass das in irgendeiner Form für irgendjemanden hilfreich ist.

Das Gespräch führte Moritz Dege.


Frau mit Mundschutz und Weihnachtsgeschenken beim Einkaufen / © Kamil Macniak (shutterstock)
Frau mit Mundschutz und Weihnachtsgeschenken beim Einkaufen / © Kamil Macniak ( shutterstock )
Quelle:
DR
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