Eindringliche Appelle der Kanzlerin: "Schwerer Verzicht" nötig

Weniger Kontakte und möglichst keine Reisen

Kürzlich verhandelte die Kanzlerin mit den Länderchefs über verschärfte Coronaregeln - ihr gingen die Ergebnisse nicht weit genug. Am Wochenende wendet sie sich an die Bürger. Appelle kommen auch von Kirchenvertretern.

Autor/in:
Leticia Witte
Bundeskanzlerin Angela Merkel / © Michael Kappeler (dpa)
Bundeskanzlerin Angela Merkel / © Michael Kappeler ( dpa )

Weniger Kontakte und der Verzicht auf Reisen: Mit einem eindringlichen Appell hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag an die Bürger gewandt und zur Mithilfe im Kampf gegen die weitere Verbreitung des Coronavirus aufgerufen. Am selben Tag waren eben diese Bürger mit neuen Rekordzahlen des Robert Koch-Instituts aufgewacht. Demnach wurden 7.830 neue Ansteckungsfälle innerhalb eines Tages registriert. Die momentan stetig steigenden Zahlen und die verschärften Coronaregeln in den einzelnen Bundesländern treiben viele Menschen in neue Sorgen und Grübeleien.

Rufe nach mehr Solidarität und freundlichem Miteinander

Auch wenn der Umgang mit der Pandemie längst zu Spaltungen geführt hat - die Spanne reicht von Corona-Leugnung bis hin zur freiwilligen Selbstisolierung - muss sich jeder mit Kontaktbeschränkungen, Masken, Risikogebieten, Beherbergungsverboten, Sperrstunden, Bußgeldern und einer Fülle von Einzelregeln auseinandersetzen, die wiederum von Virologen unterschiedlich bewertet werden. Und nicht zu vergessen: Das Virus kann tödliche Folgen haben. Um die Verstorbenen zu ehren, sprach sich Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) in der "Rheinischen Post" für einen Staatsakt für die Opfer aus.

Aus diesem Dickicht erschallen seit mehreren Tagen wieder verstärkt Rufe von Politikern und Religionsvertretern nach mehr Solidarität und einem freundlichen Miteinander - und eben jüngst die deutlichen Worte Merkels in der neuen Ausgabe ihres wöchentlichen Video-Podcasts.

Merkel: Jeder Tag zähle jetzt

"Treffen Sie sich mit deutlich weniger Menschen, ob außerhalb oder zu Hause. Ich bitte Sie: Verzichten Sie auf jede Reise, die nicht wirklich zwingend notwendig ist, auf jede Feier, die nicht wirklich zwingend notwendig ist. Bitte bleiben Sie, wenn immer möglich, zu Hause, an Ihrem Wohnort", so die Bundeskanzlerin. Und ihr ist klar: "Ich weiß, das klingt nicht nur hart, das ist im Einzelfall auch ein schwerer Verzicht." Jetzt, in einer "sehr ernsten Phase", müsse alles dafür getan werden, damit sich das Virus nicht unkontrolliert ausbreite. "Dabei zählt jetzt jeder Tag."

Dass die Menschen aus Rücksicht und Vernunft zusammengestanden und die Regeln eingehalten hätten, habe Deutschland vergleichsweise gut durch das erste halbe Jahr der Pandemie gebracht, betonte Merkel. Denn bereits da hatten die Menschen angesichts des Herunterfahrens des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens zurückgesteckt.

Zeitweilig Verzicht leisten

Als die Kanzlerin nun um erneute Einschränkungen nach der Atempause im Sommer bat, sagte sie zugleich, dass dieser Verzicht nur zeitweilig geleistet werden müsse: "Für die eigene Gesundheit und die all derer, denen wir eine Erkrankung ersparen können. Dafür, dass unser Gesundheitswesen nicht überfordert wird, dass die Schulen und Kitas unserer Kinder geöffnet bleiben. Für unsere Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze."

Zahlreiche Menschen dürften sich dennoch bang fragen, wie oft sie in der Pandemie wohl noch einen schweren Verzicht und Härten auf sich nehmen müssen und ob nicht endlich diejenigen zur Vernunft kommen mögen, die zuletzt unbesorgt mit wenig Abstand auf Partys feierten. Denn auch jetzt ist von einer Infektionswelle die Rede, der zweiten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass da noch weitere Wellen anrollen.

Kirchenvertreter für mehr Freundlichkeit und Wertschätzung

Auch Kirchenvertreter melden sich aktuell zu Wort. So wandte sich ebenfalls am Samstag der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick gegen ein Kleinreden der Herausforderungen wegen der Corona-Pandemie. Kirche und Welt seien in einer tiefgreifenden, bis an die Wurzel gehenden Orientierungsphase, sagte Schick. Und am selben Tag rief der Bischof von Fulda, Michael Gerber, zu mehr Freundlichkeit und Wertschätzung auf. Denn in Deutschland habe die Aggressivität spürbar zugenommen - "nicht nur durch die Coronakrise".

Der vergleichsweise unbeschwerte Sommer scheint nicht nur wegen des Schmuddelwetters mittlerweile weit weg zu sein. Merkel stimmte die Menschen denn auch auf schwierige Monate ein: "Wie der Winter wird, wie unser Weihnachten wird, das entscheidet sich in diesen kommenden Tagen und Wochen. Das entscheiden wir alle durch unser Handeln."


Quelle:
KNA