Eine "fast Vergessene" rückt in den Fokus

Wer war die Heilige Corona?

Durch die Corona-Pandemie rückt die gleichnamige Heilige in den Fokus. Doch wer genau war die fast vergessene Corona? "Das, was wir wissen, wurde in diversen Legenden überliefert", erklärt Brauchtumsexperte Manfred Becker-Huberti.

Eine polierte Platte im Aachener Dom erinnert an die Heilige Corona / © Theodor Barth (KNA)
Eine polierte Platte im Aachener Dom erinnert an die Heilige Corona / © Theodor Barth ( KNA )

DOMRADIO.DE: Corona - das ist ein Wort, das mittlerweile weltweit jeder kennen dürfte. Seit Monaten bestimmen das Coronavirus und die Auswirkungen der Pandemie unser Leben. Das es auch eine Heilige Corona gibt, wissen wahrscheinlich nicht so viele Menschen. Wer war diese Heilige?

Prof. Manfred Becker-Huberti (Theologe und Brauchtumsexperte): Wer die Heilige Corona war, kann man nicht genau sagen. Das, was wir wissen, wurde in diversen Legenden überliefert. Historisch fassbar ist dies alles nicht. Danach soll in Ägypten oder Syrien im zweiten oder dritten Jahrhundert eine junge Frau auf eine besonders grausige Art und Weise ermordet worden sein. Man hat zwei Palmen herunter gebunden und sie dazwischen festgemacht. Dann hat man die Palmen hochschnellen lassen und sie ist dabei in der Luft zerrissen worden.

Das ist passiert, weil sie angeblich jemanden getröstet hat, der als Märtyrer dabei war, gequält zu werden. Das soll ihr Mann gewesen sein oder ein Freund ihres Mannes. Zu diesem Zeitpunkt soll sie erst 16 Jahre alt gewesen sein. Etwas Genaues weiß man nicht.

DOMRADIO.DE: Corona bedeutet ursprünglich Krone. Ist das ungewöhnlich, dass eine Heilige nach Insignien der Macht bezeichnet wird?

Becker-Huberti: Das ist nicht eine Insigne der Macht, sondern die Insigne derjenigen, die als Märtyrer bestanden haben. Sie bekommen im Himmel die Krone. Die Krone ist für diese Frau, deren wirklichen Namen wir nicht kennen, der Beiname gewesen. Diese Krone gibt es in der Bezeichnung Corona, der lateinischen Version. Es gibt aber auch den Namen Stefana, der die gleiche Bedeutung hat. Das heißt, sie wird entweder Corona oder Stefana genannt. Beides sind Beinamen und nicht der wirkliche Vorname.

DOMRADIO.DE: Corona ist zuständig, wenn man so will, für die Fleischer und Schatzgräber. Corona ist allerdings auch Patronin des Geldes. Wie ist sie denn zu dieser kapitalistischen Ehre gekommen?

Becker-Huberti: Dazu kommt man ganz einfach dadurch, dass der Name "Krone" die Bezeichnung für bestimmte Münzen wurde. Die Habsburger haben in ihrer Währung eine Münze "Krone" genannt, und wenn jemand so heißt, haben die Leute daraus geschlussfolgert, dass er auch dafür zuständig sein muss. So wurde sie nicht nur für diese Währung, sondern auch, um überhaupt Geld aufzufinden, für die Schatzgräber zuständig. Es gibt entsprechende Gebete und Rituale, wie man mit ihrer Hilfe an irgendwelche Schätze kommen soll.

DOMRADIO.DE: Die Heilige Corona ist Namenspatronin des Geldes, aber jetzt wird sie auch noch Namenspatronin einer Pandemie. Das hätte sie sich wahrscheinlich auch nicht träumen lassen. Das hat aber zur Folge, dass Papst Franziskus jetzt einen Gedenktag ins Leben gerufen hat. Nämlich ein Gedenktag, der Gläubige aller Religionen zum Gebet angesichts dieser Corona-Pandemie aufruft. Diesen Aufruf gibt es heute. Gab es das schon mal, dass ein Heiliger oder eine Heilige Namensgeber für einen weltweiten Gebetstag war, einen multireligiösen Gebetstag sogar?

Becker-Huberti: Ja, in diesem übertragenen Sinne hat es das mit Sicherheit gegeben. Bei der Heiligen Corona halte ich das für relativ unangemessen. Denn die Tatsache, dass sie Patronin gegen Seuchen sei, kommt nur in einer Pfarrei in Niederösterreich vor. Da ist sie auch als Patronin gegen Viehseuchen angerufen worden. Diese einmalige Auffindung eines solchen Patronats rechtfertigt für meinen Geschmack nicht die Übernahme zur weltweiten Verehrung als Pandemie-Heilige.

DOMRADIO.DE: Man sollte es nicht überbewerten, dass sie jetzt plötzlich Patronin für eine Pandemie ist, sondern es ist tatsächlich ein Gebetsanliegen, was einfach auf diesen Tag fällt.

Becker-Huberti: Ja, und welches man dann mit ihr verbindet.


Manfred Becker-Huberti / © Harald Oppitz (KNA)
Manfred Becker-Huberti / © Harald Oppitz ( KNA )

Darstellung der Heiligen Corona (M) auf dem Schrein im Dommuseum in Aachen / © Oliver Berg (dpa)
Darstellung der Heiligen Corona (M) auf dem Schrein im Dommuseum in Aachen / © Oliver Berg ( dpa )

Konservierung des Schreins der Heiligen Corona / © Domkapitel Aachen (dpa)
Konservierung des Schreins der Heiligen Corona / © Domkapitel Aachen ( dpa )
Quelle:
DR
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