Psychologe warnt vor Polarisierungen in Corona-Debatte

Zwischen Öffnung und Bremse

Die Corona-Maßnahmen bedeuten massive Einschnitte in das normale Leben. Der Kölner Psychologe hat jetzt vor einem Aufschaukeln der Positionen gegensätzlicher Strategien gewarnt. Seine Studie belege die Sehnsucht nach einem Ende des Lockdown.

Menschen in der Stadt / © BABAROGA (shutterstock)

Der Kölner Psychologe Stephan Grünewald, Mitglied im Corona-Expertenrat der NRW-Landesregierung, warnt vor einer wachsenden Polarisierung in der Corona-Debatte. Derzeit schaukelten sich die gegenseitigen Vorwürfe hoch, sagte der Geschäftsführer des Kölner "rheingold"-Instituts dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag).

"Wer Armin Laschets Kurs einer verantwortungsvollen Öffnung folgt, kommt in den Ruch, mit dem Tod unzähliger Menschen zu spielen. Wer mit Markus Söder ein langsameres Tempo einschlagen will, wird für den Tod von Betrieben und die Vernichtung von Existenzen verantwortlich gemacht."

Sehnsucht nach Ende

Grünewald bezog sich auf eine aktuelle tiefenpsychologische Studie seines Instituts zur Stimmungslage in der Bevölkerung. Danach haben zwei Drittel der Befragten eine immer größere Sehnsucht nach dem Ende des Lockdowns. Ein weiteres Drittel habe sich mit der Krise hingegen so gut eingerichtet, dass der Lockdwon "ruhig noch Monate weitergehen dürfte".

In dieser psychologischen Gemengelage gebe es für jede Seite eine Symbolfigur: "Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder mit seiner Warnung vor einem verfrühten Ende des Lockdown ist für das Drittel, das sich mit der Krise gut eingerichtet hat, der fürsorgliche Hüter des kleinen Kreises. Söders NRW-Kollege Armin Laschet gilt dagegen als derjenige, der die Bürger aus dem Paradies vertreibt. Er fordert in ihren Augen: Geht wieder zu Schule, macht euer Abitur, nehmt eure Arbeit wieder auf. Das führt dazu, dass seine Sympathiewerte massiv sinken."

Rückkehr zur alten Normalität

Grünewald verlangte vor diesem Hintergrund "eine klare politische Zieldefinition, wie der Primat der Gesundheit umgesetzt wird". Wichtig sei dafür, dass sich Fachleute und Politiker auf ein leitendes Zeichen verständigten. "Bisher ging da vieles durcheinander: mal war es die Zeit, in der sich die Infektionen verdoppeln; mal die Ansteckungsrate; mal die verfügbare Zahl an Intensivbetten", erläuterte Grünewald. Darüber hinaus "brauchen wir den Schulterschluss der Länder statt der verwirrenden Brems- oder Öffnungs-Konkurrenz. Und schließlich verantwortungsvolle Bürger, die bereit sind sich lange an die neuen Spielregeln zu halten. Denn eine schnelle Rückkehr zur alten Normalität wird es nicht geben."


Quelle:
KNA