Digitale Chorproben nur ein schlechter Ersatz

Singen mit Maske?

Chorproben mit Mund-Nase-Schutz? Undenkbar und ohnehin aktuell nicht erlaubt. Die Alternative für die Sing-Pause sind Online-Chorproben. Die sind zwar besser als gar nichts, sagt Chorleiter Christian Zatryp, aber längst kein Ersatz.

Gemeinschaftliches Singen muss aktuell pausieren / © Monkey Business Images (shutterstock)
Gemeinschaftliches Singen muss aktuell pausieren / © Monkey Business Images ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Chorproben sind erst einmal nicht in Sicht. Wie ist die Stimmung bei Ihnen? Was fehlt Ihnen am meisten?

Christian Zatryp (Chorleiter Gospelchor "Swing and Praise", St. Peter, Oberhausen): Neben der Ungewissheit, was mit den ganzen geplanten Terminen ist, fehlt vor allen Dingen die Tradition, die Chorprobe. Die ist ja doch bei vielen, vielen Sängern ein wesentlicher Bestandteil der Woche und fällt jetzt erst mal weg. Neben der Musik ist es natürlich vor allem die soziale Komponente, die fehlt - das Zusammensein mit den anderen Menschen und das Gefühl, mit vielen Menschen in einem Raum zusammen zu sein und live Musik zu machen, mit allen Sinnen.

DOMRADIO.DE: Singen sorgt ja auch für Glücksmomente, das wissen wir aus der Wissenschaft. Ihre Chormitglieder singen aber dann zuhause?

Zatryp: Ich hoffe, dass sie zuhause singen. Wir haben natürlich auch viel über die Alternativen kommuniziert. Stichwort "digitale Chorproben". Da passiert ja gerade eine Menge, wobei man sagen muss: Es ist kein Ersatz. Einzelunterricht für Gesang mag durchaus möglich sein.

Aber wenn eine Chorprobe per Messenger stattfindet, dann kann das nur so sein, dass alle Chormitglieder stummgestaltet sind, der Chorleiter Töne angibt, etwas anspielt und die Leute dann zuhause im Wohnzimmer dazu singen. Aber sie hören eben nur den Chorleiter, sie hören die anderen nicht. Der Chorleiter hört niemanden. Das heißt, die wesentlichen Bestandteile einer Chorprobe, was die Chorprobe ja auch so spannend macht - nämlich das in Echtzeit Reagieren des Chorleiters auf das, was der Chor tut - fehlt jetzt.

Und es fehlt das soziale Zusammensein, dass man eben nicht mit den anderen Menschen zusammen ist, sondern sie im besten Fall im Videochat sieht.

DOMRADIO.DE: Sie haben sich mit einer Alternative beholfen: Auf YouTube findet man unter dem Kanal Musicbox78NRW Übungen. Machen die Chormitglieder da ihre Hausaufgaben oder läuft das eher so "semi-gut"?

Zatryp: Okay, Hausaufgaben sind es sowieso nicht. Ich mache das schon seit vielen Jahren. Ich glaube, das erste Video ist vor sieben Jahren ins Netz gegangen. Das hatte ursprünglich mal den Sinn, dass die Leute die Übungen, die wir zum Einsingen in der Chorprobe machen, auch zu Hause machen können, um sie zu vertiefen und einen besseren Trainingseffekt zu haben.

Das kennt man aus dem Fitnessstudio: Einmal die Woche hingehen ist gut und schön, aber dreimal die Woche ist einfach besser, um deutliche Fortschritte zu erzielen. Und ich weiß vom Gospelchor und auch von den Schulchören, dass die Leute diese Übungen nutzen. Es macht natürlich dann Sinn, wenn die Leute das schon kennen.

Es gibt zu jedem dieser inzwischen zehn Einsingprogramme ein Begleit-Video, in dem ich die Übungen erläutere. Sie sind teilweise nicht selbsterklärend, sodass man sich erst die Anleitung anhören sollte, bevor man mit den Übungen durchstarten kann.

DOMRADIO.DE: Kann denn so etwas den Gesangsunterricht ersetzen?

Zatryp: Nein, das kann es nicht. Und das soll es natürlich auch nicht. Das ist auch überhaupt nicht meine Absicht gewesen. Es ist wirklich nur eine Unterstützung. Es kann den Gesangsunterricht niemals ersetzen. Der ist ein komplexes Thema, bei dem so viele Vorgänge im Körper passieren, die nur ein erfahrener Stimmbildner hören bzw. sehen kann. Online ist hier wirklich nur eine kleine Zwischenlösung, aber kein vollwertiger Ersatz, was ja auch nie beabsichtigt war.


Quelle:
DR