Jerusalem feiert Karfreitag unter Covid-19-Einschränkungen

Corona statt Dornenkrone

Karfreitag in Corona-Zeiten erfordert in Jerusalem ein Umdenken. Ob traditionelle Formen in angepasster Ausprägung oder neue Wege: Am Originalschauplatz der Ostergeschichte stellt man sich der Herausforderung.

Menschenleere Altstadt von Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Menschenleere Altstadt von Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Jerusalems Kreuz an diesem Karfreitag heißt Coronavirus. Wo öffentliche Gottesdienste verboten und alle nicht notwendigen Bewegungen auf einen Radius von 100 Meter um das eigene Haus reduziert sind, sind unkonventionelle Lösungen gefragt, um die Traditionen am Originalschauplatz der Ostergeschichte so gut es geht aufrechtzuerhalten. Einweghandschuhe und Gesichtsmasken gehörten in allen Fällen dazu.

Verwaist ist am frühen Morgen einmal mehr der Platz vor der Grabeskirche. Patriarchatsleiter Erzbischof Pierbattista Pizzaballa kam mit seinem Sekretär und einem weiteren Geistlichen. Drei Kantoren, eine Organistin und vereinzelt ein paar Franziskaner aus der Grabeskirche waren die Mitfeiernden des Passionsgottesdienstes. Die Umstände seien sehr schwierig, sagte der Italiener bei seiner Ankunft zu Journalisten; ein Satz, den Pizzaballa - und zurecht - in den meisten seiner Äußerungen zur Woche sagte.

Prozession mit Gummihandschuhen

Ein eher trauriges Bild bot sich auch am späten Vormittag die Prozession auf der Via Dolorosa. Statt dem üblichen Gedränge aus Einheimischen, Pilgern und Ordensleuten kamen vier Franziskaner, darunter Kustos Francesco Patton, die Hände in schwarzen Gummihandschuhen und chirurgische Masken vor den Gesichtern. Regen und Kälte unterstreichen die Tristesse der leeren Gassen und geschlossenen Geschäfte.

Mit 5.000 Schekeln Bußgeld, umgerechnet rund 1.250 Euro, drohen sichtlich nervöse israelische Sicherheitskräfte jedem, der sich der Miniprozession auch nur nähert. Kameraleute und Fotografen, in diesem Jahr deutlich zahlreicher als die betende Menge, tanzen im Zwei-Meter-Abstand zueinander und zur Polizei zwischen der dritten und vierten Station. Dass Patton später in die Kameras sagen wird, dass es ein "Zeichen der Hoffnung für alle Christen überall auf der Welt" sei, dass in Jerusalem "unter sicheren Bedingungen" die Gebete weitergehen, mag ein Trost sein, aber ein schwacher.

Mit Holzkreuz und Megaphon

Während die kleine Franziskanerschar den traditionellen 14 Stationen des Kreuzwegs folgt, beschreitet der Pfarrer der Altstadtkatholiken neue Wege. Umringt von ein paar Männern, zu viele, um den behördlichen Vorgaben zu genügen, aber doch ein kleiner Haufen zu den üblichen Massen, zieht Amjad Sabbara mit einem Holzkreuz und Megaphon durch sein Viertel. "Die Menschen sind in ihren Häusern eingeschlossen und warten auf uns", sagt der Franziskanerpater. Aus dem Lautsprecher dröhnen arabische Hymnen.

Wo immer Sabbaras Kreuz stoppt, öffnen sich Türen und Fenster. Eine kurze Lesung, ein Vaterunser, ein Ave Maria. Katholikin Umm George bekreuzigt sich. Wütend und glücklich sei sie; "wütend über die schlechte Situation der Welt, aber glücklich, meine Kirche zu sehen". Der einzigartige und einmalige Kreuzweg durch das Christenviertel sei "wunderschön". Auch orthodoxe Christen wie Lamis kommen für einen Moment des Gebets an die Türschwelle. "Orthodox oder katholisch spielt hier keine Rolle - heute ist Karfreitag", sagt sie.

"Die Feier ist einfach"

Der Kreuzweg auf der Via Dolorosa, wenige hundert Meter weiter östlich, ist unerreichbar an diesem Karfreitag. "Wenn die Menschen nicht kommen können, kommen halt wir. Die Feier ist einfach, aber wir müssen feiern und uns freuen", ergänzt der selbst aus der Altstadt stammende Franziskanerbruder Jad Sara.

Das Feedback der Gläubigen auf seine Initiative sei überwältigend, sagt Pfarrer Sabbara. Nach Palmsonntag und Karfreitag hat er bereits Pläne für weitere Runden in seinem Viertel. "Nach der Ostervigil in der Grabeskirche werden wir das Osterlicht in die Häuser bringen!"

Karwoche

Die letzte Woche vor Ostern wird auch als Karwoche bezeichnet. Das Wort "Kar" stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet "Trauer", "Klage" oder "Kummer". Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag: In Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem versammeln sich die Gläubigen zur Segnung der Palmen - in Deutschland meist Buchsbaumzweige - und ziehen dann in einer Prozession zum Gotteshaus.

Karwoche / © Felix Kästle (dpa)
Karwoche / © Felix Kästle ( dpa )
Quelle:
KNA