Schule zu Hause in Zeiten von Corona

Kreative Lehrer und genervte Eltern

Weil die Schulen geschlossen sind, bekommen die Schüler Aufgaben, die sie zu Hause erledigen sollen. Aus Sicht der Lehrer funktioniert das Homeschooling gut, für Eltern ist es teils eine Herausforderung.

Autor/in:
Michael Althaus
Da die Schulen geschlossen sind, müssen die Kinder zuhause Aufgaben bearbeiten / © Veja (shutterstock)
Da die Schulen geschlossen sind, müssen die Kinder zuhause Aufgaben bearbeiten / © Veja ( shutterstock )

Mathe-Lehrer Michael Kiedels sitzt in diesen Tagen viel am Computer. Wie alle Schulen bundesweit ist die katholische Bonifatiusschule in Hamburg wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Kiedels hat Glück im Unglück: Erst kürzlich hat seine Grund- und Stadtteilschule eine komplett neue digitale Lernplattform bekommen, auf der Dateien abgelegt, Nachrichten geschrieben und Videokonferenzen abgehalten werden können. Der zehnten Klasse, die er unterrichtet, stellt er immer montags ein Paket mit Aufgaben zur Verfügung, die bis freitags unter Verwendung von Schulbüchern und Erklärvideos erledigt werden müssen.

"Weil viele Schüler gar keinen Computer zuhause haben, schreiben die meisten ihre Lösungen auf Papier und fotografieren sie mit dem Smartphone", berichtet Kiedels. Die Ergebnisse seien vergleichbar mit denen, die er im gewöhnlichen Unterricht bekomme. "Es funktioniert besser, als ich gedacht hätte."

Kreativität wächst durch Homeschooling

Bundesweit sorgt das sogenannte Homeschooling für viel Kreativität. Ein Deutschlehrer lässt seine Schüler über die Sinnhaftigkeit von Hamsterkäufen diskutieren, ein Sportlehrer dreht Workout-Videos zum Nachmachen. Besonders gefordert sind die Eltern, die ihre Kinder beim Lernen unterstützen und nebenbei teils selbst im Homeoffice arbeiten oder weitere Geschwister betreuen müssen. Auf Twitter berichten einige begeistert, wie sie gemeinsam mit ihren Kindern die Aufgaben erledigen und dabei selbst etwas lernen. Andere klagen, dass sie an ihre Grenzen stoßen und genervt sind.

Regelmäßiger Kontakt zu den Familien

Kiedels, der auch stellvertretender Schulleiter ist, weiß um die Herausforderungen. Die Klassenlehrer seiner Schule sollen deshalb regelmäßig den Kontakt zu den Familien suchen. Seine Kollegin Sofia Anna Fronimopoulou, die eine erste Klasse betreut, ruft einmal wöchentlich bei allen Eltern an und fragt nach, wie es mit dem Lernen zu Hause läuft. Sie rät, sich einen Tagesablauf mit festen Zeiten für das Lernen zu überlegen und sich nicht zu viel Druck machen. "Jeder muss für sich seine eigene Lösung finden."

Der Deutsche Lehrerverband zieht nach den ersten Homeschooling-Tagen eine positive Zwischenbilanz. "Sicher hat es anfangs Probleme gegeben, weil die Vorbereitungszeit sehr kurz war", sagt Präsident Heinz-Peter Meidinger. "Aber mittlerweile hat es sich eingespielt."

Wie hoch ist der Lernerfolg?

Wie hoch der Lernerfolg sei, lasse sich jetzt noch nicht beurteilen. "Ich gehe aber davon aus, dass das Homeschooling weniger effizient ist als der Präsenzunterricht", sagt Meidinger. Zum einen könnten sich Schüler auf den digitalen Kanälen viel leichter wegducken als im Klassenzimmer. Zum anderen hänge viel von der Unterstützung der Eltern ab. "Schüler aus Elternhäusern, die nicht die Möglichkeit haben, ihren Kindern zu helfen, weil sie berufstätig sind oder weil sie die deutsche Sprache nicht können, drohen abgehängt zu werden."

Falls die Schulen in absehbarer Zeit wieder öffnen würden, ließen sich die Unterschiede noch ausgleichen. "Wenn die Schließung länger dauert, bekommen wir irgendwann echte Probleme."

Für eine Bewertung sei es noch zu früh

Aus Sicht der Vorsitzenden der Katholischen Elternschaft Deutschland (KED), Marie-Theres Kastner, ist es für eine Bewertung des Heim-Unterrichts noch zu früh. Von Schülerseite erlebe sie sehr unterschiedliche Reaktionen: "Die einen wären froh, wenn sie wieder in die Schule können. Den anderen gefällt das Lernen zu Hause ganz gut." Über zu wenig Arbeit habe sich aber bislang noch niemand beschwert.

Wie lange die Schulen noch geschlossen bleiben, kann derzeit niemand realistisch vorhersagen. In vielen Bundesländern wird mit dem Beginn der Osterferien auch der Online-Unterricht zunächst ruhen. In Hamburg, wo es keine Osterferien gibt, werden viele Lehrer weiter experimentieren. Lehrerin Fronimopoulou hat sich vorgenommen, immer wieder neue Formate auszuprobieren. Nächste Woche will sie mit ihren Erstklässlern jeden Nachmittag per Livestream eine digitale Quiz-Show veranstalten. "Das macht den Schülern hoffentlich Spaß und die Eltern sind für eine halbe Stunde entlastet."


Quelle:
KNA
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