Vertriebene und Migranten in Westafrika besonders gefährdet

Flüchtlinge vor Corona schützen

In Westafrika steigen die Zahlen der Corona-Patienten. Vor allem Burkina Faso ist betroffen. Breitet sich das Virus weiter aus, könnten Millionen Flüchtlinge und Vertriebene in besonderem Maße gefährdet sein.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Vertriebene und Migranten in Westafrika besonders gefährdet / ©  Jesus Merida (dpa)
Vertriebene und Migranten in Westafrika besonders gefährdet / © Jesus Merida ( dpa )

In Westafrika breitet sich das Coronavirus weiter aus. Besonders betroffen ist aktuell Burkina Faso mit 146 Infizierten.

Vier Menschen sind bereits gestorben. Ausgerechnet Burkina Faso. Der Sahelstaat (20,8 Millionen Einwohner) gilt aktuell als das schwächste Land in der Region. Die Denkfabrik International Crisis Group (ICG) mit Sitz in Brüssel zählt dort in ihrem aktuellen Bericht für das Jahr 2019 mehr dschihadistische Anschläge als in jedem anderen Land im Sahel. Der Staat befinde sich in einem gefährlichen Abwärtstrend.

Gesundheitssystem zusammengebrochen

Das spiegelt die steigende Flüchtlingszahl. Aufgrund von Angriffen und Überfällen sind vor allem im Norden, aber auch im Osten rund 780.000 Menschen auf der Flucht. Schulen sind schon lange geschlossen, das Gesundheitssystem ist zusammengebrochen.

Die Bevölkerung in einem Land, das sich im Krieg oder in der Nachkriegsphase befindet, gilt nach Einschätzung der ICG als besonders verletzlich bei Krankheitsausbrüchen. Es gebe zudem ein Risiko, dass es bei einem Ausbruch von Covid-19 in einem Flüchtlingscamp verstärkt zu Gewalt komme und die Menschen erneut die Flucht ergriffen, heißt es weiter.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) fordert deshalb Staaten dazu auf, Geflüchtete, Binnenflüchtlinge und Asylbewerber in nationalen Notfallplänen zu berücksichtigen und ihre Rechte nicht zu beschneiden.

In Burkina Faso sei das der Fall, sagt Romain Desclous, UNHCR-Sprecher für West- und Zentralafrika. Um einen Ausbruch zu verhindern, würden Mitarbeiter im Gesundheitsdienst geschult, Seifen und Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt und Möglichkeiten zum Händewaschen geschaffen. "Kommt es zu einem Ausbruch, würde sich die ohnehin schon schwierige Lage weiter verschlechtern", so Desclous.

Versorgung mit Wasser großes Problem

Gerade in entlegenen Regionen, die auch für Hilfswerke kaum zugänglich sind, ist auch die Versorgung mit Wasser ein großes Problem. Es gibt zu wenige Brunnen, Wasser muss umständlich angeliefert werden. Der Aufforderung, sich regelmäßig die Hände zu waschen, können die Menschen kaum nachkommen. Nach Einschätzung des Norwegischen Flüchtlingsrats müssten Flüchtlinge außerdem oft dicht gedrängt zusammenleben, was die Ausbreitung des Virus begünstigt.

Die größte Zahl der Binnenflüchtlinge in der Region verzeichnet Nigeria mit 2,04 Millionen. In der ganzen Tschadsee-Region sind es 2,6 Millionen. Geflohen sind die Menschen vor Gewalt der Terrorgruppe Boko Haram und der Miliz des Islamischen Staats in der Westafrikanischen Provinz (ISWAP), die sich 2016 abgespalten hat.

Damit sich das Virus nicht unter den Binnenflüchtlingen ausbreitet, hat die Landesregierung des Bundesstaates Borno, Heimat von Boko Haram, Anfang der Woche Besuche in den Camps verboten. Die Regelung soll zunächst für vier Wochen gelten und sei das Ergebnis eines Treffens der 51 Camp-Manager, sagte die Leiterin der landesweiten Nothilfeagentur (SEMA), Yabawa Kolo, vor Journalisten. Zu den weiteren Maßnahmen gehört Aufklärungsarbeit über das Virus und das regelmäßige Händewaschen.

Aufnahmestopp für Geflüchtete aus Nachbarländern

In mehreren Lagern, die in Grenzregionen liegen, gilt zudem ein Aufnahmestopp für Geflüchtete aus Nachbarländern. Nigeria hat wie zahlreiche andere Länder aufgrund der Pandemie die Grenzen geschlossen. Die Grenzschließungen seien wegen Verdachtsfällen im Tschad und in Kamerun notwendig, hieß es. Flüchtlinge würden jedoch weiterhin über die grüne Grenze ins Land kommen, hieß es.

Vor allem im Norden Kameruns haben die Angriffe von Boko Haram in den vergangenen Monaten zugenommen. Betroffen sind oft Zivilisten. Im Tschad hatte die Miliz am Montag ein regelrechtes Blutbad angerichtet, wobei 98 Soldaten getötet und 47 verletzt wurden. Die Regierung ordnete drei Tage Staatstrauer an.

In Nigeria gab es nach Informationen des Zentrums für Seuchenbekämpfung (NCDC) am Donnerstagnachmittag 51 bestätigte Fälle.

Davon jedoch nur einer im Norden, im Bundesstaat Bauchi. Positiv getestet wurde dort Gouverneur Bala Mohammed. In Nigeria waren zahlreiche Infizierte zuvor in Europa gewesen oder hatten Kontakt zu Reisenden gehabt.


Quelle:
KNA