Seelsorge in Zeiten des Virus in der Ewigen Stadt

Wenn der Pfarrer Mundschutz trägt

Die Maßnahmen der Regierung in Rom gegen das Corona-Virus legen Italien lahm. Die Folgen spürt auch die Kirche: Menschen fühlen sich einsamer - schwierig für Seelsorger, ihnen nahe zu sein. Da hilft auch Facebook wenig.

Autor/in:
Roland Juchem
Eucharistische Anbetung mit Mundschutz / © Cristian Gennari (KNA)
Eucharistische Anbetung mit Mundschutz / © Cristian Gennari ( KNA )

"Um 19 Uhr predige ich zu den Fastenexerzitien auf Facebook", kündigt Don Maurizio Mirilli auf der Website seiner Gemeinde an. Der Pfarrer von Santissimo Sacramento, östlich des Hauptbahnhofs in Rom gelegen, muss sich für die Seelsorge in Zeiten von Corona nicht eigens schulen. Die tägliche Messe wird gestreamt, mit Gemeindemitgliedern kommuniziert er per WhatsApp.

Und doch ist für Don Maurizio in diesen Tagen das größte Problem, "den Menschen wirklich nahe zu sein". Mitunter "explodieren Ängste und Sorgen", vor allem bei alten Menschen und Kranken, berichtet der Seelsorger. Es gehe um Tod, um Arbeitslosigkeit, Krankheit, die Frage, wer wen wie versorgt.

Pfarrer mit Mundschutz

Nicht nur weil Papst Franziskus Priester dazu aufgefordert hat, macht Don Maurizio weiter Hausbesuche. "Ich kann das nicht nur, ich muss es machen", sagt der Priester. Er und andere Gemeindemitglieder bringen Einkäufe, die heilige Kommunion und Trost - vorschriftsgemäß mit Maske, Handschuhen und Sicherheitsabstand.

Der wird auch bei der Beichte eingehalten. Nicht im Beichtstuhl, aber über drei Bankreihen in der Kirche hinweg, mit Mundschutz, ist ein Beichtgespräch ebenfalls möglich, ohne dass Vertraulichkeit und Beichtgeheimnis gefährdet wären. Besonders traurig sind für den Seelsorger Trauerfeiern. Oft steht er alleine am Sarg und segnet den Toten für dessen letzten Weg auf Erden. So einsam sind in diesen Tagen alle - ob Rentner oder Prominenter.

Als vor einigen Tagen in Rom 97-jährig Giovanna Cau starb, Anwältin von Filmprominenz wie Marcello Mastroianni, Federico Fellini und Sophia Loren, wären ihre Beisetzungsfeierlichkeiten ein Gesellschaftsereignis gewesen. Das gemeinsame Beweinen und Trauern um einen Gestorbenen, eines der ältesten Rituale der Menschheit, ist den Italienern noch lieb und teuer. In Zeiten von Corona aber wurde Cau wie alle anderen allein beigesetzt.

Als die Bischofskonferenz am Montagabend auf das einstweilige Verbot von Gottesdiensten und Beisetzungsfeiern reagierte, sprach sie von "Bedauern und Irritationen" bei Seelsorgern wie Gläubigen. Mancher wünschte sich deutlich stärkeren Protest. Nicht nur Franz Xaver Brandmayr, Rektor der deutschsprachigen Auslandsgemeinde in Rom. Er kündigte an, bei privaten Messen in der Kirche Santa Maria dell'Anima nicht still zu beten, sollten Leute in der Kirche sein. Auch werde er niemandem die Kommunion verweigern.

Kirche in Krisenzeiten wichtiger Bezugspunkt

Laut Andrea Riccardi, Gründer der Gemeinschaft Sant'Egidio, haben die die Bischöfe kleinbeigegeben, weil sie in der Krise keinen zusätzlichen Streit beginnen wollten. "Nie in der Geschichte Italiens sind je Messen ausgesetzt worden", schrieb der Historiker in einem Zeitungskommentar. "In Krisenzeiten war die Kirche immer ein wichtiger Bezugspunkt. Wie 1943 bis 1945, angesichts der deutschen Besatzung und Gewalt."

Die Empfehlung, stattdessen zu Hause zu beten, kontert Riccardi mit dem Hinweis: In Mailand und Rom gibt es rund 45 Prozent Single-Haushalte, in Rom eine Viertelmillion alleinstehender Senioren. Schon zu Beginn der sich abzeichnenden Krise haben Organisationen wie Caritas und Sant'Egidio dazu aufgerufen, Solidarität und Hilfsbereitschaft nicht zu vergessen, zumal das Virus soziale Not verschärft.

Zwar hätten einzelne Helfer, vor allem ältere, aus Angst vor Ansteckung abgesagt, sagt Rita Simeoni, Mitarbeiterin von Sant'Egidio. "Andere hingegen, deren Arbeitsstelle jetzt geschlossen ist, bieten sich zusätzlich an - es gleicht sich einigermaßen aus", so Simeoni. Weiterhin bringen Helfer älteren Menschen Essensrationen nach Hause oder Obdachlosen auf die Straße - ausgerüstet mit Latexhandschuhen und Gesichtsmasken.

Gebet wird online übertragen

Da für Sant'Egidio das tägliche Gebet genauso wichtig ist, bleibt auch die Basilika Santa Maria di Trastevere abends länger geöffnet.

Rechts und links sind Stühle in gut einem Meter Abstand aufgebaut. Das dort bisher allabendliche Gebet um 20.30 Uhr ist gestrichen und durch eine Online-Version um 18.00 Uhr ersetzt - übertragen aus Sant'Egidio, der kleineren "Mutterkirche" der Gemeinschaft.

Für den 19. März sind alle Katholiken Italiens zu einem besonderen Akt aufgerufen: Am Fest des heiligen Josef sollen sie, ob allein oder als Familie, um 21.00 Uhr in ihrer Wohnung den Rosenkranz beten, so die Einladung der Bischofskonferenz. Als Signal der Verbundenheit könne man am Fenster ein weißes Tuch anbringen oder eine Kerze anzünden.


Gestreamte Messe / © Cristian Gennari (KNA)
Gestreamte Messe / © Cristian Gennari ( KNA )
Quelle:
KNA