Das Heilige Land steht unter Corona vor unsicheren Zeiten

"Ostern wie gehabt" steht in den Sternen

Die Kar- und Ostertage sind im Heiligen Land immer Höhepunkte im religiösen Leben von Christen aus aller Welt. In diesem Jahr werden sie wohl fernbleiben. Auch sonst werden die Feiertage wohl in die Geschichte eingehen.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Menschenleere Jerusalemer Altstadt  / © Andrea Krogmann (KNA)
Menschenleere Jerusalemer Altstadt / © Andrea Krogmann ( KNA )

Auf und Ab's ist man in den Kirchen des Heiligen Landes gewöhnt. Doch in aller Regel sind es Auswirkungen des israelisch-palästinensischen Konflikts, die sich mit etwas Verzögerung gut oder schlecht in den Pilgerzahlen niederschlagen.

Diesmal sind es weder Bomben noch Raketen, die die Pilger aus dem gelobten Land fernhalten. Ein Virus mit dem unscheinbaren wissenschaftlichen Namen "COVID-19" stellt den Status Quo in Israel und Palästina auf den Prüfstand. Die Folgen der Pandemie und der Bekämpfungsmaßnahmen sind unmittelbar spürbar, ihr Ausmaß derzeit nicht absehbar.

Kaum eine Möglichkeit, noch ins Heilige Land zu kommen

Knapp einen Monat vor den hohen jüdischen und christlichen Feiertagen Pessach und Ostern brummt in guten Jahren das Pilgergeschäft im Heiligen Land. Noch zu Jahresbeginn sah es aus, als würde 2020 solch ein gutes Jahr, vielleicht sogar ein neues Rekordjahr. Dem ungewöhnlich regenreich-kalten Winter zum Trotz schoben sich Besuchergruppen durch die Altstädte Jerusalems und Bethlehems, durch heilige Stätten und touristische Attraktionen. Dann tauchten erste europäische Länder auf der schwarzen Liste auf, anhand derer die örtlichen Behörden über die Einreise entschieden.

Der Boom erhielt einen ersten Dämpfer. Land um Land wuchs die Liste, bis schließlich alle Einreisenden in verpflichtende Heim-Quarantäne geschickt beziehungsweise in Ermangelung der Möglichkeit erst gar nicht ins Land gelassen wurden.

Selbst wer sich davon nicht abschrecken ließe, wird kaum eine Möglichkeit finden, noch ins Heilige Land zu kommen: Zahlreiche Fluggesellschaften reduzierten ihren Flugplan oder stellten den Verkehr mit Israel gleich ganz ein. Wer über keinen israelischen Pass verfügt und zudem nicht nachweisen kann, dass er eine Möglichkeit für die obligate zweiwöchige Heim-Quarantäne verfügt, wird spätestens seit dem 12. März nicht mehr ins Land gelassen.

Bethlehem ist derzeit komplett abgeriegelt, in Jerusalem haben die ersten Kirchen und Klöster ihre Tore für Besucher geschlossen.

Straßen fast menschenleer

Mehrsprachige Hinweisschilder informieren potenzielle Besucher über ihr Pech. Aber die Straßen der Altstadt sind inzwischen ohnehin beinahe menschenleer. Still und leise atmete das Land die noch in ihm befindlichen Besucher aus. 200.000 Touristen haben das Land nach israelischen Angaben allein seit der Verschärfung der Einreisebestimmungen verlassen.

Wie unter diesen Bedingungen die Kar- und Ostertage gefeiert werden können, die traditionell durch das bunte Miteinander einheimische Christen aus dem ganzen Land sowie tausender Besucher aus aller Welt charakterisiert sind? Matyas Tarsoly, Franziskanerpater in der Grabeskirche, hat keine Antwort. Die optimistische Hoffnung auf baldige Normalisierung mag der Ungar nicht aufgeben, aber "planbar ist in dieser Situation nichts".

Glaubt man Gerüchten in orthodox-christlichen Internetportalen, steht sogar das Highlight der Jerusalemer Ostern, die über 1.200 Jahre alte Liturgie des "Heiligen Feuers", auf dem Spiel. Ein Polizeitreffen zu der Feier, die in diesem Jahr auf den 18. April fällt, sei wegen des Virus bereits abgesagt worden. Auf jeweils 10.000 begrenzte die Polizei in den Vorjahren die Zahl der Personen, die zu der Feier in die Grabeskirche gelassen wurden, weitere 30.000 drängten sich vor und um die Kirche. Veranstaltungen in geschlossenen Räumen dürfen jedoch nach Anordnung des israelischen Gesundheitsministeriums vom 11. März nicht mehr als 100 Teilnehmer haben.

Der Tourismus im Heiligen Land, so könnte der Eindruck bestehen, wird gerade abgewickelt. Bis weit in den April hinein, sagen Reiseführer, haben Gruppen ihre Reservierungen storniert. Auch die traditionellen Pilgerhäuser wie das Paulushaus des Deutschen Vereins vom Heiligen Lande (DVHL) oder das Österreichische Hospiz (ÖH) stehen, nachdem letzte Gruppen mit der teils problematischen Ausreise geholfen und andernorts gestrandeten Pilgern Notunterkunft gewährt wurde, inzwischen so gut wie leer.

Auch der Patriarchatsleiter in Quarantäne

Während die Quarantäne, von der unter anderem auch ranghohe Kirchenvertreter wie Franziskanerkustos Francesco Patton und Patriarchatsleiter, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, betroffen sind, mit ihrer zweiwöchigen Dauer überschaubar bleibt, sind es die Folgen der Corona-Krise für das Heilige Land nicht.

Mindestens mit einem Rückgang der Pilgerzahlen zu Ostern müsse das Land rechnen, schätzt Pater Andreas Fritsch vom "Christian Information Center", dem Jerusalemer Pilgerbüro der Franziskaner, in dem immer mehr Stornierungen für Gottesdienstreservationen eingehen.

Es sei unklar, wie lange die Restriktionen gelten werden, womit es "vorerst kein solides Fundament für eine Heiliglandreise mehr gibt".

Erst im Herbst, glaubt der Deutsche, werde sich die Lager langsam erholen - sofern das Virus bis dahin eingedämmt ist. "Dass wir in zwei Wochen zum Normalbetrieb zurückkehren können, ist schwer vorstellbar", sagt auch ÖH-Rektor Markus Bugnyar, "was ich natürlich aber hoffe. Ein Christ darf immer hoffen."


Jude betet an der Klagemauer während einer Gebetsstunde angesichts der Ausbreitung des Coronavirus / © Ariel Schalit (dpa)
Jude betet an der Klagemauer während einer Gebetsstunde angesichts der Ausbreitung des Coronavirus / © Ariel Schalit ( dpa )

Pierbattista Pizzaballa / © Hadas Parush (KNA)
Pierbattista Pizzaballa / © Hadas Parush ( KNA )
Quelle:
KNA
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