Kauder will Abschiebestopp für zum Christentum konvertierte Muslime

"Da werde ich auch nicht locker lassen"

Wer in seiner Heimat verfolgt wird, kann in Deutschland Asyl beantragen. Die Realität sieht aber oftmals anders aus. Der CDU-Politiker Volker Kauder setzt sich seit Jahren für Religionsfreiheit ein und erklärt im Interview, was ihm gegen den Strich geht.

Diskussion um Abschiebungen / © Jens Büttner (dpa)
Diskussion um Abschiebungen / © Jens Büttner ( dpa )

DOMRADIO.DE: Aktuell sorgt der Fall von Fatemeh Azad für Schlagzeilen. Sie war 2015 im Iran zum Christentum konvertiert und danach nach Deutschland geflüchtet. Doch für die Behörden hierzulande war das kein Asylgrund. Für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) war der Übertritt zum Christentum nicht glaubhaft. Sie wurde wieder abgeschoben und sitzt jetzt seit dem Frühjahr im Iran in Haft. Im schlimmsten Fall droht ihr die Todesstrafe, denn der Abfall vom Islam zählt dort zu den schlimmsten Verbrechen. Schützt es einen Menschen nicht schon ganz grundsätzlich vor der Abschiebung aus Deutschland, wenn in dem Heimatland die Todesstrafe droht?

Volker Kauder (Mitglied des Deutschen Bundestages und von 2005 bis 2018 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, engagiert für Religionsfreiheit): In der Regel schon. In Länder, in denen die Todesstrafe droht, darf nicht abgeschoben werden, selbst wenn ein Asylrecht nicht begründet ist. Deswegen macht es uns richtig Sorgen, dass immer wieder konvertierte Christen in Länder zurückgeschickt werden, in denen Christen verfolgt werden.

DOMRADIO.DE: Wer beurteilt denn überhaupt, ob die Frau es mit ihrem Übertritt zum Christentum ernst meint? Prüft ein Bamf-Beamter, wie gläubig sie ist, oder wie muss man sich das vorstellen?

Kauder: Es war eine Zeit lang tatsächlich so, dass dies in einem sogenannten Religionsgespräch geprüft wurde. Wir konnten im Gespräch mit dem Bundesinnenministerium dann erreichen, dass das Taufzeugnis die Christeneigenschaft bestätigt. Aber das hat immer noch nicht zum richtigen Erfolg geführt.

Denn jetzt wird in einem zweiten Anlauf geprüft, ob derjenige oder diejenige, die zum Christentum konvertiert ist, seinen oder ihren Glauben auch so öffentlich lebt, wenn er oder sie im Heimatland zurück ist. Das ist ein richtiges Ärgernis.

DOMRADIO.DE: Es geht also um die Frage, wie ernst es jemand mit der Konversion meint. Das ist aber doch sehr schwer zu überprüfen, oder?

Kauder: Das ist sicher schwer zu überprüfen. Aber ich kenne konkrete Fälle, wo beispielsweise ein konvertierter Muslim in der Kirchengemeinde so aktiv wie kein anderer sonst ist. Er lebt seinen Glauben richtig. Aber auch da droht die Abschiebung. Das will ich so nicht mehr hinnehmen.

Ich bin für verfolgte Christen weltweit unterwegs und versuche in ihren Heimatländern zu helfen. Aber wenn diese Menschen dann erfahren, dass Christen in die Länder zurückgeschickt werden, in denen sie schon verfolgt sind, verstehen sie die Welt nicht mehr.

DOMRADIO.DE: Es gibt aber auch Fälle von Menschen, die nach Deutschland gekommen sind und dann hier zum Christentum übertreten, um ihre Bleibeperspektive zu verbessern. Ist es möglich, da zu differenzieren, damit Religion nicht missbraucht und ausgenutzt wird?

Kauder: Das Argument wird immer wieder angeführt. Es ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen, dass so ein Fall mal passieren kann. Überprüfen können wir das nicht. Wenn jemand sagt, er sei Christ geworden und dies auch zeigt und lebt, können wir nicht überprüfen, wie ernst ihm das ist.

Aber bevor ein Muslim so etwas macht, muss schon viel passieren. Denn selbst wenn er damit seine Chance auf ein Bleiberecht erhöhen würde, dann würde er von seiner Familie total ausgestoßen werden. Das Motto: "Das machen die einfach mal, um da bleiben zu können", greift hier nicht.

Zudem könnte es ja auch nur jemand aus einem Land machen, in dem Christen verfolgt werden. Wenn einer als Muslim aus einem Land kommt, in dem er nicht verfolgt wird und zum Christentum konvertiert, spielt es ja keine Rolle. Der kann auch wieder zurückgeschickt werden.

Aber noch immer sind die Fakten das Entscheidende. Wir haben es vor allem mit Menschen aus dem Iran zu tun, mit persischen Muslimen, die konvertieren. Wir haben aus fast keinem anderen Land außer vielleicht in Einzelfällen Afghanistan sonst Konversionsbewegungen.

DOMRADIO.DE: Auf jeden Fall ist Fatemeh Azad kein Einzelfall. Sie sind darüber mit Innenminister Seehofer im Gespräch. So richtig etwas passiert ist allerdings noch nicht. Warum?

Kauder: Wir sind bisher mit dem Innenministerium im Gespräch, mit dem Bundesinnenminister persönlich noch nicht. Ich habe zwar schon einen Brief dazu geschrieben. Wir sind in einem ersten Gespräch vorangekommen, in dem die "Eigenschaft", dass jemand Christ ist, durch ein Taufzeugnis undiskutierbar akzeptiert wird.

Aber der zweite Schritt fehlt noch. Und da brauchen wir eine Entscheidung des Bundesinnenministers, diese Konvertiten nicht in den Iran abzuschieben. Das will ich erreichen. Und da werde ich auch nicht locker lassen. Da werde ich mit Horst Seehofer auch nach der Sommerpause drüber sprechen.

Wir haben insgesamt schon eine größere Bewegung bei diesem Thema. Das ist zum einen das Hilfswerk Open Doors, das sich in diesen Sachen engagiert. Zum anderen sind es Menschen aus der katholischen sowie der evangelischen Kirche . Wir werden da auch eine Allianz zusammenbringen.

Wir wollen ja nicht, dass die Menschen dauerhaft hierbleiben können, wenn sie kein Asylrecht haben. Aber wir können in bestimmte Länder wegen der Todesstrafe nicht abschieben. Und dann können wir auch nicht in den Iran abschieben. Die These, dass den Christen dort nichts passiert, wird durch diesen einen Fall ganz konkret ad absurdum geführt.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Volker Kauder / © Michael Kappeler (dpa)
Volker Kauder / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
DR