Papst kritisiert "mörderische Gleichgültigkeit" gegenüber Nahen Osten

"Im Nahen Osten wurzeln unsere Seelen"

Im süditalienischen Bari hat am Samstag ein ökumenisches Treffen von Papst Franziskus mit hochrangigen Vertretern der Ostkirchen stattgefunden. Angesichts der dramatischen Situation im Nahen Osten sei es ein Tag der Reflexion und des Gebets gewesen.

Papst Franziskus begrüßt Bartholomaios I., griechisch-orthodoxer Patriarch von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie / © Vatican Media (KNA)
Papst Franziskus begrüßt Bartholomaios I., griechisch-orthodoxer Patriarch von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie / © Vatican Media ( KNA )

Papst Franziskus hat zu Frieden für die Christen im Nahen Osten sowie für "unsere Freunde in jedem Volk und jedem Glauben" aufgerufen. Gleichzeitig kritisierte er eine "mörderische Gleichgültigkeit" gegenüber dem Leiden in der Region. "Der Nahe Osten weint, leidet und schweigt, während andere auf diesen Ländern herumtrampeln auf der Suche nach Macht und Reichtum", sagte der Papst bei einem ökumenischen Friedensgebet am Samstag in der süditalienischen Hafenstadt Bari.

Papst pocht auf Status quo Jerusalems 

Dabei hat er erneut die Einhaltung des Status quo Jerusalems "gemäß den Beschlüssen der internationalen Gemeinschaft" gefordert. "Jerusalems Identität und Berufung müssen über alle Streitigkeiten und Spannungen hinaus bewahrt werden", sagte er am Ende der Beratung mit den hochrangigen Kirchenvertretern aus dem Nahen Osten.

"Nur eine Verhandlungslösung zwischen Israelis und Palästinensern, die von der Gemeinschaft der Nationen nachdrücklich gewollt und gefördert wird", könne zu stabilem und dauerhaftem Frieden führen und "die Koexistenz zweier Staaten für zwei Völker gewährleisten", so Franziskus. In der mehrfach von Applaus unterbrochenen Rede ging der Papst auch grundsätzlicher auf den Unfrieden im Nahen Osten ein. Er forderte gleiche Rechte für alle Bürger dieser Länder, kritisierte "Landbesetzungen, die die Völker auseinanderreißen" ebenso wie eine reine Friedensrhetorik, während gleichzeitig Waffen geliefert würden.

Naher Osten als Ursprung der Christen

In den vergangenen Jahren sei die Region zunehmend von Krieg, Gewalt, Zerstörung, Besatzung, Fundamentalismus und Vertreibung geplagt, so Franziskus in einer kurzen Ansprache zu Beginn der Feier. Gleichzeitig warnte er vor einem Verschwinden der Christen aus dem Nahen Osten. Ohne sie wäre es "aber nicht mehr der Nahe Osten". Der Papst erinnerte die Christen an ihren Ursprung in der Region. Deren reiche theologische, geistliche und künstlerische Tradition müsse bewahrt werden; "im Nahen Osten wurzeln unsere Seelen", so Franziskus.

Zu den Teilnehmern des Friedens- und Gebetstreffens gehören der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, das Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, Papst Tawadros II., Metropolit Hilarion von der russisch-orthodoxen Kirche sowie andere Führer orthodoxer und altorientalischer sowie mit Rom verbundener Kirchen.

Bei dem einstündigen Gottesdienst mit 20 Vertretern von Ostkirchen wurden Gesänge und Gebete auf Italienisch, Englisch, Arabisch, Griechisch, Assyrisch, Armenisch und Französisch vorgetragen, das Evangelium mit den Seligpreisungen der Bergpredigt auf Arabisch. Nach dem Vaterunser, das jeder Teilnehmer in seiner Sprache betete, entzündete jeder der Kirchenführer ein Friedenslicht, das auf einen gemeinsamen Leuchter gestellt wurde. An dem Gebetsgottesdienst nahmen gut zehntausend Menschen teil.

Dialog bei verschlossenen Türen in der Basilika

Anschließend fuhren die Kirchenvertreter zurück in die Basilika San Nicola, wo das Treffen am Morgen mit einem Gebet vor dem Reliquienschrein des heiligen Nikolaus von Myra begonnen hatte. In der Kirche ist ein rund eineinhalbstündiges Gespräch hinter verschlossenen Türen geplant, bei dem die Teilnehmer über die Lage der Christen im Nahen Osten und die Herausforderungen für ihre Kirchen beraten. Das Treffen steht unter dem Motto "Der Friede sei mit dir".

Nikolaus von Myra, der in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts als Bischof in Kleinasien wirkte, der heutigen Südwesttürkei, ist einer der bekanntesten christlichen Heiligen. Er wird er sowohl in den Ostkirchen wie in der westlichen Kirche verehrt. Aus diesem Grund lud der Papst die Kirchenoberhäupter nach Bari ein, wo sich seit dem 11. Jahrhundert die Reliquien des Heiligen befinden.


Papst Franziskus mit Vertretern christlicher Kirchen aus dem Mittleren Osten / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus mit Vertretern christlicher Kirchen aus dem Mittleren Osten / © Alessandra Tarantino ( dpa )
Quelle:
KNA