Unions-Fraktionschef Kauder zur Religionsfreiheit

Das Bekenntnis frei leben

"Wo es keine Religionsfreiheit gibt, gibt es auch keine Freiheit", sagt Unions-Fraktionschef Kauder. Er engagiert sich für eine weltweite Glaubensfreiheit. Am Mittwoch tagt er dazu mit Kanzlerin Merkel und der Fraktion.

Volker Kauder / © Jörg Loeffke (KNA)
Volker Kauder / © Jörg Loeffke ( KNA )

domradio.de: Wie kann ein solches Treffen der Parlamentarier die Religionsfreiheit in den betroffenen Ländern konkret stärken?

Volker Kauder (Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion): Zunächst einmal werden Erfahrungen ausgetauscht. Es ist bemerkenswert, wenn Kollegen beispielsweise aus Pakistan berichten,  was sie im Parlament an Anfeindungen erleben und wie sie Strategien entwickeln, voranzukommen. Das ist hochinteressant und gibt den Leuten Kraft und Mut.

domradio.de: Was bringt es denn den Ländern, die Religionsfreiheit zu stärken? Wäre es nicht wichtiger, zum Beispiel an einer stärkeren Wirtschaft zu arbeiten?

Kauder: Zunächst einmal ist die Religionsfreiheit das zentrale Menschenrecht überhaupt. Wo es keine Religionsfreiheit gibt, gibt es auch keine Freiheit. Wirtschaftlicher Erfolg ist auf Dauer auch nur in Nationen mit Freiheit möglich. Deswegen hat es durchaus auch einen Sinn. Aber es kommt ja nicht nur darauf an. Das Thema "Was glaube ich und was nicht?" beschäftigt die Menschen intensiv. Es trägt ganz entscheidend dazu bei, dass sie sich in ihrem Leben auch besser einrichten können.

domradio.de: Vor zwei Jahren gab es die schrecklichen Nachrichten aus dem Irak, wo die Jesiden durch die Terrormiliz IS vertrieben wurden. Haben Sie den Eindruck, dass die Schreckensnachrichten von dort auch insgesamt das Thema Religionsfreiheit wieder mehr in den politischen Fokus gerückt haben?

Kauder: Es ist sicher richtig, dass das, was vor allem im Orient auch durch den IS geschehen ist, doch dazu beigetragen hat, mehr Interesse für das Thema Religionsfreiheit zu entwickeln. Man sieht, wie unmittelbar Menschen davon betroffen sind.

domradio.de: Christen sind weltweit die am meisten verfolgte Religion – Deutschland diskutiert aber eher ein Burka-Verbot. Ist hierzulande das Bewusstsein der Dimension der weltweiten Christenverfolgung sowohl in der Politik als auch in den Medien zu wenig ausgeprägt?

Kauder: Es ist in den letzten Jahren besser geworden, aber ich bin immer wieder überrascht, wenn ich bei meinen Veranstaltungen unterwegs bin, wie sehr die Menschen überrascht schauen, wenn ich davon spreche, dass die Christen die am meisten verfolgte Religionsgruppe sind - auch heute noch, wo ja auch Muslime betroffen sind. Mehr als 100 Millionen Christen sind direkt und indirekt betroffen. Darauf muss man immer wieder hinweisen.

domradio.de: 2014 sind Sie durch Papst Franziskus mit dem Gregorius-Orden ausgezeichnet worden, weil Sie sich seit langem gegen Christenverfolgung einsetzen. Warum engagieren Sie sich für das Thema?

Kauder: Es hat mich schon über Jahre hinweg beschäftigt und es war natürlich auch ein Thema immer wieder bei Besuchen in der früheren DDR, wo wir erlebt haben, wo Christen hart bedrängt wurden, nicht studieren konnten, wo wir gesehen haben, dass das Bekenntnis zum christlichen Glauben eine ganze Zukunftsperspektive zunichtemachen kann. Da ist mir deutlich geworden, in was für einer großartigen Situation wir sind, die wir als Christen in einem Land leben, wo uns überhaupt nichts passiert. Das hat mich schon motiviert, für diese Menschen einzutreten.

domradio.de: Der Kölner Erzbischof bekommt manchmal die Vorwürfe zu hören: Für Flüchtlinge setzt Du Dich ein, aber was ist denn mit den eigenen Leuten, mit den Christen? Setzen sich die Kirchen Ihrer Meinung nach genug für die Christen weltweit ein?

Kauder: Da hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Als ich mit dem Thema unterwegs war, war es bei den Kirchen in Deutschland noch nicht überall das zentrale Thema. Das ist jetzt anders geworden. Die katholische und die evangelische Kirche arbeiten eng zusammen. Jetzt nehmen wir ja auch alle miteinander wahr, wenn Flüchtlinge zu uns kommen - die Christen, die Jesiden, die Muslime sind - dass in Einrichtungen, wo Christen eine Minderheit sind, wir schon auch aufpassen müssen, dass sie nicht unter Druck geraten.

domradio.de: Nach Ende der parlamentarischen Fachkonferenz zur Religionsfreiheit ist morgen in Ihrer Fraktion eine politische Konferenz ebenfalls zum Thema Religionsfreiheit - dann spricht Bundeskanzlerin Merkel. Was erhoffen Sie sich von den Worten der Kanzlerin?

Kauder: Ich weiß ja, was die Kanzlerin zu dem Thema denkt. Ich berichte ihr immer wieder von den vielen Reisen. Sie unterstützt mich auch ganz persönlich, dass ich mit den Staatschef direkt sprechen kann, um mein Anliegen vorzutragen. Sie teilt die Auffassung, dass wir uns für Religionsfreiheit einsetzen müssen, aber natürlich auch für die verfolgten Christen. Das hat mehrfach eine Rolle gespielt bei ihren Besuchen in China oder auch bei Besuchen des chinesischen Ministerpräsidenten bei uns, in Indien, wo sie das Thema immer mitnimmt und es auch anspricht. Das stärkt natürlich die Position von uns Parlamentariern, die wir uns für dieses Thema einsetzen.

Das Interview führte Mathias Peter.


Quelle:
DR