Christen aus Mossul geben Hoffnung auf Rückkehr nicht auf

Ein Jahr IS in Mossul

Vor einem Jahr eroberten die Terroristen des "Islamischen Staates" das nordirakische Mossul. 12.000 christliche Familien mussten fliehen. Viele haben die Hoffnung auf eine Rückkehr noch nicht aufgegeben, wie ihr Erzbischof nun berichtet.

Erzbischof Petros Mouche (KiN)
Erzbischof Petros Mouche / ( KiN )

"Meine Gläubigen haben alles verloren, weil sie ihren Glauben bewahrt haben. Wir wissen nicht, welche Zukunft uns erwartet, aber wir haben weiterhin Vertrauen in Gott", das sagte Monsignore Yoanna Petros Mouche, der syrisch-katholische Erzbischof von Mossul/Irak am Mittwoch im Gespräch mit dem katholischen Hilfswerk KIRCHE IN NOT.

Mit Schrecken erinnert sich der Erzbischof an die Eroberung von Mossul durch den "Islamischen Staat" (IS) in der Nacht zum 10. Juni 2014. "Wir fühlen uns vom irakischen Heer verraten, das durch seinen schnellen Rückzug die Stadt in die Hände des IS gab", so der Erzbischof.

Er schließt nicht aus, dass die Flucht des Militärs durch die Spannungen zwischen Mossul und der Hauptstadt Bagdad ausgelöst worden sein könnte. Die zweitgrößte Stadt im Irak ist hauptsächlich sunnitisch geprägt; die Regierung in Bagdad dagegen schiitisch.

Erzbischof Mouche erzählt weiter, wie sich in den Tagen nach der Eroberung Mossuls die Männer des IS sich zunächst freundlich gegenüber den Christen gezeigt hätten. "Offensichtlich war es ihre Absicht, uns zum Bleiben zu überzeugen, um uns dann leichter besiegen zu können." 

Ende Juni 2014 stellte der IS die Christen vor die Wahl, sich zum Islam bekehren, die "Jizya" – die islamische Steuer für Nicht-Muslime – zu zahlen oder die Stadt zu verlassen. In der Nacht vom 6. auf den 7. August befand sich Erzbischof Mouche in Karakosch, als ihn die Nachricht erreichte, dass das kurdische Heer kurz davor sei, sich zurückzuziehen und dem IS zu erlauben, in die Dörfer mit christlicher Mehrheit einzudringen.

50.000 Gläubige mussten fliehen

"Aus Furcht haben wir unsere Häuser verlassen, ohne irgendetwas mitzunehmen, nicht einmal Kleidung. Wir waren davon überzeugt, dass wir am nächsten Tag wieder zurückkehren könnten. Wir sind aber bis zum heutigen Tag noch immer nicht nach Hause zurückgekehrt." In dieser Nacht ist Karakosch in die Hände des IS gefallen, genauso wie zwölf andere christliche Dörfer.

Die anderen 50.000 Gläubigen der syrisch-katholischen Diözese von Mossul – rund 12.000 Familien – leben jetzt als Flüchtlinge. Der größte Teil von ihnen befindet sich in Kurdistan. Rund 3000 Familien sind ins Ausland emigriert.

"Ich versuche, die Diözese zusammenzuhalten und mich mit allen meinen Gläubigen zu treffen, um ihnen zu helfen und ihnen das wenige an pastoraler Betreuung, das mir möglich ist, zu geben. Leider ist das nicht einfach. Allein in Kurdistan leben die syrisch-katholischen Christen in 57 verschiedenen Gemeinden. Nicht mitgezählt sind jene, die in den Libanon, Jordanien, Türkei oder nach Europa gezogen sind", sagt er.

Die Hoffnung nicht verloren

In der Diözese von Erzbischof Mouche befindet sich ein Drittel aller syrisch-katholischen Gläubigen weltweit. "Ich weiß nicht, ob meine Diözese noch existiert. Aber ich habe die Hoffnung nicht verloren und stehe meinen Gläubigen bei, bis Gott die Herzen unserer Feinde bekehrt und wir nicht mehr fern unserer Heimat leben müssen."

Auch der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako hat die Vertriebenen zur Hoffnung auf Rückkehr gemahnt. Auch nach der Besetzung bleibe die Stadt "Land unserer Väter und Großväter, Teil unserer Geschichte und unserer Erinnerungen", schrieb der katholische Kirchenführer mit Sitz in Bagdad in einer Botschaft, aus der vatikanische Pressedienste am Mittwoch zitierten.

Sako rief die irakischen Politiker "mit neuem Nachdruck" zum Einsatz für Versöhnung und politische Reformen auf. Kein Iraker dürfe wegen seiner Religion oder seines Bekenntnisses, wegen seiner Sprache oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe getötet werden, schrieb der Patriarch, zugleich Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz.

Nach unterschiedlichen Schätzungen halten sich 600.000 bis zwei Millionen Menschen in Mossul auf. Am Montag wurde bekannt, dass die Terrormiliz die syrisch-orthodoxe Ephräm-Kirche, eines der größten christlichen Gotteshäuser der Stadt, in eine Moschee umwandeln will. In den Nachbargebäuden hatten die Islamisten bereits wenige Wochen nach der Eroberung ihre Kommandozentrale eingerichtet.


Quelle:
KiN , KNA