Mord an christlichen Kopten

IS richtet sich erstmals direkt an Christen

Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben ein Video veröffentlicht, das die Tötung von 21 aus Ägypten stammenden christlichen Kopten in Libyen zeigen soll. Der fünfminütige Film wurde am Sonntagabend im Internet verbreitet.

Die Kopten sind in Ägypten eine Minderheit (dpa)
Die Kopten sind in Ägypten eine Minderheit / ( dpa )

Erstmals richtet sich der IS damit direkt an Christen. Der Film trägt den Titel "Eine in Blut geschriebene Nachricht an die Nation des Kreuzes". In dem Video ist zu sehen, wie Dutzende in Schwarz gekleidete Männer ihre Geiseln in orangen Overalls an einen Strand schleppen, der zur Mittelmeerküste gehören soll. Jeder Dschihadist führt eine Geisel, jeder hält ein Messer. Ein Sprecher der Gruppe sagt, sie stünden "heute im Süden Roms, in Libyen". An den Westen gerichtet sagt er: "Wir werden das Meer mit eurem Blut tränken."

Im Anschluss ist zu sehen, wie die Dschihadisten die Köpfe ihrer Geiseln abschneiden. Die auf Islamisten spezialisierte Beobachtergruppe Site hält das Video für echt. Die Mitglieder der Gruppe sollen zwischen Ende Dezember und Anfang Januar in Libyen verschwunden sein. Der IS hatte vergangene Woche erklärt, die Christen in seiner Gewalt zu haben.

Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi kündigte in einer Fernsehansprache eine "angemessene Reaktion" an. Zugleich ordnete er eine siebentägige Staatstrauer an. Als Vergeltung für die Ermordung der Christen hat die ägyptische Luftwaffe am frühen Montagmorgen Stellungen der Terrormiliz in Libyen bombardiert. Bei den Angriffen nahe Tripolis, bei Derna sowie entlang der libyisch-ägyptischen Grenze sollen mindesten 40 IS-Kämpfer getötet worden sein, wie es in ägyptischen Medien hieß.

Christen waren als Gastarbeiter in Ägypten

Die koptische Kirche in Ägypten forderte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, sagte der "Bild"-Zeitung (Montag), die Christen seien als Gastarbeiter in Libyen gewesen und "gerade auf dem Heimweg nach Ägypten, als ihr Bus von den Terroristen aufgehalten wurde". Diese verlangten die Ausweise der Gastarbeiter und zwangen die Kopten zum Aussteigen. "Zuerst dachten wir an eine Entführung, doch eine Lösegeld-Forderung wurde nie gestellt", so Bischof Damian weiter.

Papst Franziskus hat sich bestürzt über die Enthauptung der Kopten geäußert. "Sie wurden ermordet, weil sie Christen sind", sagte er am Montag vor einer Delegation der reformierten Kirche von Schottland. "Das Blut unserer christlichen Brüder ist ein Zeugnis des Aufschreiens, ganz gleich ob es Katholiken, Orthodoxe, Kopten oder Lutheraner sind: Sie sind Christen, die mit ihrem Blut Christus bekennen", sagte der Papst. Es gebe Märtyrer unter allen Christen.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick rief über den Kurznachrichtendienst Twitter zum Gebet für die Opfer auf. "Dieser #Barbarei muss ein Ende gemacht u. #Friede geschaffen werden", schrieb Schick, der auch Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz ist, am Montagmorgen.

Dschihadisten in Ägypten halten IS die Treue

Das Enthauptungsvideo ist die erste als Video veröffentlichte Gräueltat des libyschen Ablegers der ursprünglich in Syrien und im Irak kämpfenden IS-Miliz. Ebenfalls am Sonntag veröffentlichten die libyschen Kämpfer Bilder, die die Einnahme eines strategisch wichtigen Küstenabschnittes nahe Sirte zeigen sollen. Im vergangenen Oktober hatten Dschihadisten aus dem zwischen mehreren Milizen umkämpften Land dem IS die Treue geschworen. Auch in Algerien und Ägypten hat der IS mittlerweile Ableger. Die ägyptischen Anhänger verbreiteten ebenfalls bereits Enthauptungsvideos aus dem Nordsinai.

In Ägypten leben etwa 88 Millionen Menschen, rund zehn Prozent davon sind Christen. Die koptische Kirche ist die größte christliche Gemeinschaft im arabischen Raum.


Quelle:
dpa , KNA , epd