Christen flüchten vor Terrormiliz IS

"Situation ist absolut katastrophal"

Fast alle christlichen Städte in der Ninive-Ebene im Irak wurden von der radikalen islamistische Miliz IS erobert. Über 100.000 Christen sind erneut auf der Flucht. Im domradio-Interview fordert Rudi Löffelsend vom Caritasverband Essen eine viel größere humanitäre Hilfe für die Menschen im Nordirak.

Christen in einer Kirche im Nordirak  (dpa)
Christen in einer Kirche im Nordirak / ( dpa )

domradio.de: Wie sieht die Situation im Irak aktuell aus?

Rudi Löffelsend: Die Situation ist absolut katastrophal, weil die Flüchtlinge, vor allem die Christen, die jetzt nochmal aus der Ninive-Ebene letzte Woche geflüchtet sind, sind ja schon Flüchtlinge, die größtenteils aus Mossul kamen. Sie kommen in eine total überfüllte Situation in den Städten im Nordirak, also in Kurdistan. Sie übernachten zum Teil in Parks, auf Straßen, alle kirchlichen Gebäude sind überfüllt, selbst die Kirchen sind zur Zeit Schlafsäle und die Versorgung ist  sehr ungenügend, weil man einfach auf diese große Zahl so schnell nicht reagieren kann.

domradio.de: Die einzigen, die jetzt reagiert haben, sind die USA. Das US-Militär hat Angriffe geflogen, wirft jetzt Wasser und Lebensmittel über diesem Gebiet ab. Wie reagieren die Menschen auf das Eingreifen des Westens?

Löffelsend: Sie sind enttäuscht, weil das Bißchen, was die Amerikaner jetzt machen, wo das meiste auch noch daneben gegangen ist und für die IS-Truppen gut ist, nun wirklich keine sehr große Hilfe ist. Was hilft, sind Waffen, das  muss ich als Caritas-Mann leider jetzt sagen. Die Kurden müssen viel besser ausgerüstet werden, weil nur mit Bodentruppen eine Entlastung zu holen ist. Außerdem brauchen die Menschen, die da jetzt wirklich vegetieren, eine viel, viel größere humanitäre Hilfe.

domradio.de: Auch deutsche Politiker melden sich jetzt zu Wort, zum Beispiel Norbert Röttgen. Er fordert, dass Deutschland im Irak viel mehr Hilfe leisten müsse. Wie genau könnte diese Hilfe aussehen?

Löffelsend: Es geht um zwei Sachen aus Sicht der Caritas: Einmal um eine wirklich deutliche und größere Anstrengung im Bereich der humanitären Hilfe vor Ort. Das sollte sehr schnell passieren, weil die Leute einfach auf der Straße liegen. Zum zweiten muss man wirklich ernsthaft überlegen, ob wir bereit sind, im EU-Rahmen oder auch im Alleingang weitere Flüchtlinge aufzunehmen, die alt oder krank sind, große Gebrechen haben, damit sie aus dieser Situation einfach rauskommen.

domradio.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview hat Verena Tröster geführt.