Bischofskonferenz verurteilt Vertreibung von Christen aus Mossul

"Anschlag auf die Grundlagen der Zivilisation"

Mit Trauer und Entsetzen hat nun auch die Deutsche Bischofskonferenz auf die Vertreibung der Christen aus der nordirakischen Stadt Mossul reagiert. Das sei ein "Anschlag auf die Grundlagen der Zivilisation", erklärte Erzbischof Ludwig Schick.

Katholische Kirche in Mossul (dpa)
Katholische Kirche in Mossul / ( dpa )

"Es ist ein Tag der Trauer und des Entsetzens." Mit diesen Worten kommentiert der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), die Vertreibung der Christen aus der nordirakischen Stadt Mossul. "Christen haben im Irak seit vielen Jahrhunderten friedlich mit ihren Nachbarn gelebt. Bereits seit der von den USA angeführten Irak-Invasion (2003) und besonders seit den Kämpfen zwischen Sunniten und Schiiten ab 2006 sahen sich die meisten Christen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Durch islamistische Fanatiker, die einen ‚Gottesstaat‘ nach ihrer Façon errichten wollen, sind jetzt wohl alle Christen aus Mossul vertrieben. In anderen Städten ist Gleiches zu befürchten".

Die Vertreibung der Christen und anderer friedliebender und toleranter religiöser Minderheiten, auch aus dem Islam, sei ein "Anschlag auf die Grundlagen der Zivilisation, der Menschenwürde und Menschenrechte". "Natürlich ist es falsch und gefährlich, die Muslime als Religionsgruppe für solche Untaten zu verurteilen. Gleichwohl müssen sich die Eliten des Islam der Frage stellen, warum in vielen Teilen der muslimisch geprägten Weltregionen solche Aggression und Gewalt herrschen. Hier nur auf politische Auseinandersetzungen, wirtschaftliche Interessen und eine koloniale Geschichte zu verweisen, greift zu kurz. Sie müssen auch fragen, wo die kulturell-religiösen Gründe für solche Fehlentwicklungen liegen." Die islamischen Führungspersönlichkeiten sollten sich weltweit zusammen tun und solche Untaten an Christen verurteilen, forderte der Erzbischof.

Nach den Worten von Erzbischof Schick darf auch die politische Weltgemeinschaft die Auslöschung der Christen in Mossul und anderen Teilen des Irak nicht hinnehmen. Er rief zugleich die Christen weltweit zum Gebet für ihre Glaubensgeschwister in der Bedrängnis auf. "Humanitäre Hilfe muss für die zur Flucht Gezwungenen selbstverständlich sein. Gemeinsam mit allen anderen Wohlmeinenden müssen die Christen weltweit darüber hinaus aktiv auf den Tag der Rückkehr der Vertriebenen und die erneute Präsenz der Christen in Mossul mit allen Mitteln hinarbeiten. Die internationale Weltgemeinschaft ist in der Pflicht."

Irakische Bischöfe fordern Schutz für Christen =

Auch die Bischöfe im Nordirak haben in einem eindringlichen Appell um Schutz für die Christen und andere Minderheiten im Land gebeten. Der Irak und die Staatengemeinschaft müssten mehr Druck auf die militanten Islamisten ausüben, um der Zerstörung von Kirchen, Klöstern, Handschriften, Reliquien und des christlichen Kulturerbes Einhalt zu gebieten, heißt es in dem Aufruf der Kirchenführer an die Regierung in Bagdad, aus dem der vatikanische Pressedienst am Fides (Mittwoch) zitierte.

Die christliche Tradition sei für die Region und darüber hinaus von unschätzbarem Wert, so die Bischöfe. Zudem baten sie um finanzielle Hilfe für geflohene Christen. Der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako war am Dienstag im nordirakischen Arbil mit den chaldäischen, syrisch-orthodoxen, syrisch-katholischen und armenischen Bischöfen aus dem Nordirak zusammengetroffen, um über die Lage der Christen in der Region zu beraten.

Die Bischöfe schlagen der Regierung die Bildung eines gemeinsamen Komitees vor. Dieses Gremium solle Maßnahmen beraten, um die Situation der vertriebenen Christen zu verbessern. Die Bischöfe lobten ausdrücklich die autonome Kurdenregion im Norden des Landes, wo geflohene christliche Familien mit offenen Armen empfangen würden.

Singhammer: Irakisch-christliche Flüchtlinge aufnehmen

Die islamische Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) hatte Mossul Anfang Juni eingenommen. Medienberichten zufolge stellten die Extremisten den in der Stadt lebenden Christen ein Ultimatum, das am Wochenende ausgelaufen war. Die Gläubigen sollten zum Islam übertreten oder eine Sondersteuer zahlen, andernfalls würden sie ermordet. Seither sind nahezu alle Christen aus Mossul geflohen. Im Jahr 2003 lebten noch rund 50.000 Christen in der zweitgrößten irakischen Stadt. Mossul wird als Ninive bereits in der Bibel erwähnt. Die Region war über Jahrhunderte das Zentrum der chaldäischen, assyrischen und armenischen Kirchen im Irak.

Unterdessen konnte ein Angriff der Islamisten auf den Ort Tilkif in der Ninive-Ebene nach Informationen von Fides von Truppen der kurdischen Peschmerga zurückgeschlagen werden. Die Region, in der ein Großteil der syrischen Christen im Irak lebt, grenzt an die Autonome Region Kurdistan und wird von deren Regierung beansprucht. Der Vorgang belege, dass die kurdischen Kämpfer fest entschlossen seien, die Ninive-Ebene gegen die Dschihadisten zu verteidigen, sagte ein örtlicher chaldäischer Priester dem Pressedienst.

Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) sprach sich für eine Aufnahme irakisch-christlicher Flüchtlinge in Deutschland auf. Das sei nötig, "weil die Betroffenen in dem zunehmend christenfeindlichen Umfeld aus überwiegend islamischen Staaten kaum eine sichere Zuflucht finden", sagte er der "Saarbrücker Zeitung" (Mittwochsausgabe). Singhammer nannte die Berichte über die Vertreibung "eine der schlimmsten Nachrichten der letzten Jahre". Er forderte die Muslime in Deutschland auf, einmal "Klartext zu reden und sich für die Christen und gegen deren Vertreibung aktiv einzusetzen".


2011: Erzbischof Schick (l.) im Irak  (KNA)
2011: Erzbischof Schick (l.) im Irak / ( KNA )
Quelle:
epd , DBK , KNA