Die wenigen Christen in Somalia leben gefährlich

Segen unter höchster Geheimhaltung

Mit einer auf der Scharia basierenden Verfassung und der Bedrohung durch islamistische Terroristen ist Somalia einer der gefährlichsten Orte für Christen weltweit. Doch nun wollen die Vereinten Nationen die örtlichen Milizen besser bekämpfen.

Autor/in:
Markus Schönherr
Fast alle Somalier sind Muslime (dpa)
Fast alle Somalier sind Muslime / ( dpa )

Der Al-Kaida-Sanktionsausschuss des UN-Sicherheitsrates werde künftig enger mit den einzelnen UN-Organisationen vor Ort zusammenarbeiten, betonte der Vorsitzende des Komitees, Gary Quinlan, in New York. "Wir werden jede Anstrengung unternehmen, um mit den Sanktionen Al-Kaida und ihre Ableger davon abzuhalten, den internationalen Frieden und die Sicherheit zu gefährden", erklärte er. Neben dem jemenitischen und dem malischen bleibt laut Quinlan vor allem der somalische Ableger eine ernstzunehmende Gefahr: die Al-Shabaab. Seit 2006 töten die Milizen mit Autobomben, Selbstmordanschlägen und Enthauptungen.

Genaue Zahlen zu Somalias Christen gibt es nicht. Die Diözese Mogadischu, der Hauptstadt des Bürgerkriegslandes, existiert nur noch formell und hat längst keine registrierten Mitglieder mehr. Die Schätzungen reichen von 200 bis 1.000 Christen - gegenüber rund acht Millionen Muslimen. Die Kathedrale von Mogadischu wurde 2008 zerstört; Gottesdienste finden seit Jahrzehnten nicht mehr statt. Der letzte Bischof von Mogadischu wurde 1989 von Rebellen erschossen.

Zur Tarnung in die Moschee

"Ich bin hier nicht Bischof, sondern nur der Apostolische Administrator, also Verwalter, in Mogadischu", betont Giorgio Bertin, Bischof von Dschibuti, im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "In Somalia bewege ich mich ohne die Kennzeichen eines Priesters, abgesehen von meinem Bischofsring." Nach 22 Jahren Anarchie sei es noch zu früh, um sich frei bewegen zu können. Es werde noch einige Zeit dauern, bis normales Leben nach Mogadischu zurückkehre.

Somalische Christen trifft Bischof Bertin nur unter "höchster Geheimhaltung". Normalerweise spende er seinen Segen über Telefon oder per e-Mail. Ihren Glauben praktizieren die Christen geheim. Anzutreffen sind protestantische und katholische Christen am ehesten in der Hauptstadt, da das Leben hier am anonymsten ist. In der Vergangenheit tauchten Berichte auf, wonach Christen demonstrativ Moscheen besuchten, um keinen Verdacht aufkeimen zu lassen.

Wichtige Rolle für Medien

Viele kennen christliche Gottesdienste nur aus dem Radio, übertragen von Sendern im benachbarten Kenia oder Äthiopien. Mit dem Internet fanden Mogadischus Christen ein zusätzliches Schlupfloch: In den vergangenen Jahren entstanden mindestens sechs Webseiten, die sich an somalische Christen wenden. Eine davon ist die "Somali Believers Fellowship".

Betreiber der Seite ist der 1967 in Mogadischu geborene Abdi Dule. Mit 18 Jahren trat er zum Christentum über. "Ich hatte wenige echte Freunde, und die waren Christen", berichtet er. Seine Familie habe er meiden müssen, da sie seinen neuen Glauben nicht akzeptierte. 1991 flüchtete er nach Kenia, wo er studierte und bis heute lebt. "Ich floh aus meiner Heimat, weil ich Christ bin. Hätte es keine Verfolgung gegeben, wäre ich trotz des Bürgerkriegs geblieben." Die Plattform habe er aus dem Gefühl heraus gegründet, seinen Glauben mit seinen Landsleuten teilen zu müssen. Denn: "Sie haben den Frieden Jesu wirklich nötig."

Vor zwei Jahren konnten die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) und die Regierungskräfte die Rebellen aus Mogadischu vertreiben. Doch Anschläge wie die Selbstmordattacke Anfang Mai zeigen, wie brüchig die vermeintliche Stabilität noch ist. "Die Regierung ist immer noch schwach", sagt Bischof Bertin. "Bei meinen jüngsten Gesprächen mit Kabinettsmitgliedern zeigten sich diese offen. Und gewiss werden sie auch Wert auf Glaubensfreiheit legen." Noch sei dies aber schwierig umzusetzen - denn die "Feinde der Menschenrechte" seien immer noch stark und fähig zuzuschlagen.


Quelle:
KNA