Missio-Referent über die Bischofsentführung

Angst vor islamistischen Entführern

Die Sorge um die entführten Bischöfe in Syrien wächst mit jedem Tag. Missio-Referent Matthias Vogt befürchtet, dass islamistische Kräfte dahinter stecken könnten. Die Lage in dem umkämpften Land beschreibt er als düster, besonders für Christen.

Die Zerstörung in Syrien schreitet fort (dpa)
Die Zerstörung in Syrien schreitet fort / ( dpa )

domradio.de: Welche aktuellen Informationen haben Sie von dem Verbleib der Bischöfe?

Matthias Vogt (Nahost-Referent beim Hilfswerk Missio): Meine letzten Informationen datieren von gestern Abend, da war noch nicht bekannt, wo sie sind. Es gab im Verlauf des Tages Vermutungen, dass sie vielleicht von den Entführern in die Türkei gebracht worden sind, aber das ist auch nicht bestätigt, sichere Informationen darüber gibt es offenbar nicht.

domradio.de: Wer sind denn wohl die Entführer?

Vogt: Das weiß man auch nicht. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es Regierungstruppen sind, denn die bisherige Regierung von Baschar al-Assad hat die Kirche eigentlich geschützt. Man muss also vermuten, dass es sich um Anhänger der Opposition und wahrscheinlich um islamistische Kräfte handelt.

domradio.de: Das heißt die Lage könnte sich jetzt auch für Christen gefährlich werden? Wird der Konflikt in Syrien jetzt immer mehr zu einem Religionskonflikt?

Vogt: Es ist noch kein Religionskonflikt, aber Christen sind in den letzten Wochen und Monaten immer gezielter ins Visier von Aufständischen getreten. Es gab einmal Zerstörung von Kirchen, wie von allen Gebäuden, einfach durch Kriegseinwirkung. Kirchenvertreter berichten aber, dass sich hier und da offenbar gezielt Autobomben vor kirchlichen Einrichtungen gefunden haben, teilweise konnten sie noch entschärft werden, teilweise sind Gebäude beschädigt worden. Es wird berichtet, dass sich islamistisch anmutende Kräfte in kirchlichen Gebäuden gezielt verschanzen, die dann auch Zielobjekt werden vom Beschuss von Regierungsgruppen und so zerstört werden. Es gibt zahlreiche Entführungen, nicht nur von Christen, sondern auch von Muslimen, aber eben von der besonders schwachen Gruppe der Christen, die fühlen sich besonders verwundbar und die Angst unter den Christen ist sehr sehr groß in Syrien.

domradio.de: Sie stehen im Kontakt mit einigen anderen syrischen Bischöfen. Wie geht es denen?

Vogt: Ich habe Nachrichten von mehreren Bischöfen in Damaskus. Sie sind sehr deprimiert, muss man sagen. Sie schreiben, der Hirte der Herde wird geschlagen und die Herde zerstreut sich, also sie haben Angst, gerade jetzt durch diese neue Kategorie der Bischofsentführungen, dass die Gläubigen vor der Situation noch größere Angst bekommen und sich ins Ausland wenden, versuchen Syrien zu verlassen. Sie wissen im Moment keinen richtigen Ausweg, wo es hingehen könnte. Sie haben noch einmal die Christen aufgerufen im Land zu bleiben, sie wissen aber selbst, wie gefährlich es ist.

domradio.de: Was glauben Sie, wie wird sich die Lage in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten weiter entwickeln?

Vogt: Im Moment ist die Lage leider sehr düster. Ich sehe keinen Ausweg. Keine der beiden Konfliktparteien kann diesen Krieg kurzfristig gewinnen und die Christen und andere kleinere Gruppen und insgesamt die friedliche Zivilbevölkerung haben ganz schwer darunter zu leiden. Wann das ein Ende nimmt, kann im Moment niemand sagen.

Das Interview führte Verena Tröster


Matthias Vogt (missio)
Quelle:
DR