Deutsche Katholiken gedenken verfolgter Christen

In Bedrängnis

Das Gedenken deutscher Katholiken an die Opfer von Christenverfolgung am Zweiten Weihnachtsfeiertag bekommt einen traurigen aktuellen Bezug: Bei Anschlägen auf Kirchen in Nigeria starben mindestens zwölf Menschen.

 (DR)

Christen sind nach Einschätzung des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick die am stärksten verfolgten Gläubigen weltweit. «Es gibt zu viele verfolgte Christen auf der Welt», urteilt Schick zum Fest des Heiligen Stephanus.

Im zu Ende gehenden Jahr habe sich die Situation der Christen in mehreren Ländern sogar noch verschlechtert, sagte Schick. Weltweit würden nach Angaben von internationalen Organisationen derzeit bis zu 100 Millionen Christen verfolgt oder bedroht, hieß es in dem vorab in Bamberg veröffentlichten Manuskript.

Ausschreitungen in Nigeria und Indonesien

Auch an Weihnachten 2012 hat es wie in den Jahren zuvor Attentate auf Christen gegeben. Im Norden Nigerias sind in der Nacht zum Dienstag mindestens zwölf Menschen bei Anschlägen auf zwei Weihnachtsmessen getötet worden. Bei der Schießerei in der Millionenstadt Kano kam auch der Pfarrer ums Leben, wie nigerianische Medien unter Berufung auf Polizeiangaben. Hinter den Angriffen im Norden des Landes wird die radikalislamische Terrororganisation Boko Haram vermutet. Boko Haram verübt seit 2009 Anschläge und Morde in Nigeria, denen mehr als 1.400 Menschen zum Opfer gefallen sein sollen. Bereits in den vergangenen beiden Jahren hatte die Terrorgruppe an Weihnachten Kirchen attackiert.

Im indonesischen Bekasi haben rund 200 radikale Muslime mit Gewalt Christen an der Feier des Weihnachtsgottesdienstes gehindert. Die Demonstranten bewarfen die Christen am Dienstag nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mit faulen Eiern, Jauche und Urinbeuteln. Auch im benachbarten Bogor, etwa 60 Kilometer südlich von Jakarta, blockierten muslimische Demonstranten und die Polizei Christen den Zugang zu einer Kirche.

Gebetstag für verfolgte Christen

Am 26. Dezember feiert die katholische Kirche das Fest des heiligen Stephanus, des ersten Märtyrers des Christentums. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte beschlossen, dass aus diesem Anlass künftig jährlich in allen katholischen Gemeinden für die verfolgten Christen gebetet werden soll.

Der Einsatz für verfolgte und bedrohte Christen sei «nicht exklusiv, sondern exemplarisch», erläuterte Schick, der auch Vorsitzender der Kommission Weltkirche der katholischen Deutschen Bischofskonferenz ist. Schließlich sei Religionsfreiheit ein Menschenrecht: «Die Bekenntnis-, Kultur- und Aktionsfreiheit, die wir für Christen fordern, soll auch anderen Religionen zuteilwerden», sagte Schick. Wer seine Religion nicht frei bekennen und praktizieren könne, «wird in allen seinen Lebensbezügen eingeschränkt».

Papst erinnert an Märtyrer Stephanus

Auch Papst Benedikt XVI. hat am Zweiten Weihnachtstag der verfolgten Christen in der Welt gedacht. Vor mehreren Tausend Gläubigen auf dem Petersplatz bat er am Mittwoch alle Gläubigen um ihr Gebet für Mitchristen in Bedrängnis. «Möge die Fürsprache des ersten Märtyrers Stephanus sie unterstützen und ihnen Mut machen», sagte das Kirchenoberhaupt in einem Grußwort auf Französisch. Benedikt XVI. rief die Gläubigen zu einem mutigen Bekenntnis des christlichen Glaubens auch in schwierigen und gefährlichen Situationen auf. Er forderte sie auf, das Christentum mit Liebe und Beständigkeit öffentlich zu verteidigen. Das persönliche Vorbild der Christen sei Grundlage der Neuevangelisierung, die die Kirche mit dem im Oktober eröffneten «Jahr des Glaubens» anstrebe, sagte der Papst.

Stephanus habe mit seinem Zeugnis und seinem Martyrium die Botschaft von der Menschwerdung Gottes bestätigt, sagte der Papst bei seinem weihnachtlichen Angelus-Gebet. «Er bezeugt, dass der Mensch, der sich Christus, dem göttlichen Wort, zuwendet, Gott selbst begegnet und durch die Kraft der Liebe verwandelt wird in Gottes neue Schöpfung hinein.» Stephanus sei somit ein Modell für alle, die sich in den Dienst der Neuevangelisierung stellen wollten.

Zollitsch verweist auf Lage der Kopten in Ägypten

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, verwies am Mittwoch in Freiburg vor allem auf die Lage der Christen im Nahen und Mittleren Osten. «In Ägypten droht ein islamischer Gottesstaat ohne Religionsfreiheit», sagte er.

Diskriminierung und Gewalt hätten in der Region zu einer schleichenden, aber unablässigen Auswanderungsbewegung geführt, die «mittelfristig die Existenz des orientalischen Christentums in Frage stellt», sagte der Freiburger Erzbischof.

Nach Einschätzung des Freiburger Erzbischofs ist es noch zu früh, darüber zu urteilen, wie sich der Umsturz in der arabischen Welt letztlich auf die christlichen Minderheiten auswirken wird: «Aus Tunesien gibt es durchaus positive Entwicklungen zu vermelden», sagte er. «In Ägypten hingegen droht die Errichtung eines islamischen Gottesstaates, der dem Christentum, vor allem der großen koptischen Kirche, die Luft zum Atmen nehmen könnte.»

«Christen sind in unserer Zeit die am stärksten verfolgte religiöse Gruppe», betonte Zollitsch. «Wenn wir uns besonders für die bedrängten Christen einsetzen, so geht es uns nicht um Privilegien, sondern einzig um das Menschenrecht auf Religionsfreiheit.» Vor allem in einigen großen Ländern Asiens mischten sich die Regierungen massiv in die inneren Angelegenheiten der Kirchen ein und versuchten, deren Leben einzuschränken und zu reglementieren. In Lateinamerika kämen sozial engagierte Gläubige den herrschenden Kreisen in die Quere und sollten mit Gewalt zum Schweigen gebracht werden.

(epd, kna, dr)


Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick (KNA)
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick / ( KNA )