Volker Kauder bilanziert seinen Ägyptenbesuch

"Keine Christenverfolgung, aber Diskriminierung"

Eine Woche nach dem Selbstmordanschlag von Alexandria reiste Unions-Fraktionschef Volker Kauder am Wochenende zu einem Solidaritätsbesuch nach Kairo. Im Interview beklagt er die Diskriminierung von Christen in Ägypten - eine regelrechte Verfolgung gebe es in dem Land aber nicht.

 (DR)

KNA: Herr Kauder, wie haben Sie die christliche Minderheit in Ägypten bei ihren Gesprächen erlebt?

Kauder: Besorgt. Und nach den schweren Anschlägen vom Januar 2010 und vor allem aus der letzten Sylvesternacht habe ich Verständnis für die Sorgen und Ängste der Kopten. Man muss klar sagen: Eine Christenverfolgung gibt es in Ägypten nicht. Aber es gibt, in vielen Formen, Diskriminierung. Und es herrscht ein Klima, das diese Diskriminierung ermöglicht. Das muss abgebaut werden.



KNA: Haben Sie den Eindruck, dass sich die Führung in Kairo um Aufklärung und Verbesserungen bemüht?

Kauder: Die ägyptische Regierung tut alles daran, dass der jüngste Anschlag aufgeklärt wird und die Täter und mögliche Drahtzieher bestraft werden. Dieser schreckliche Anschlag ist der Regierung mehr als unangenehm. Sie will nicht an internationalem Ansehen verlieren.

Und die Verantwortlichen sehen auch, dass der Dialog von Muslimen und Christen intensiver werden muss.



KNA: Und das Thema Diskriminierung....

Kauder: In den Gesprächen mit uns haben die offiziellen Vertreter immer wieder betont, es gebe keine Diskriminierung der christlichen Minderheit. Muslime und Kopten seien gleichberechtigt und würden gleich behandelt. In unseren weiteren Unterredungen haben wir allerdings Hinweise erhalten, dass diese Beschreibung nicht durchgängig zutreffend ist. Wir müssen hier also dranbleiben.



KNA: Gab es von Seiten der Kirchenvertreter konkrete Erwartungen nach Hilfe?

Kauder: Wir hatten das Glück und die Ehre, Papst Schenuda III. zu treffen. Die koptischen Christen sind dankbar für unsere Solidarität und dankbar für alle Solidarität aus Europa. Und sie sind auch dankbar für konkrete Unterstützung, beispielsweise durch kirchliche Hilfswerke. Aber Schenuda hat keine konkreten Forderungen benannt. Er hat uns gebeten: Beten Sie für uns!



KNA: Bringen Sie Erkenntnisse für die Bundesregierung oder den Bundestag mit?

Kauder: Wir sollten die Unterstützung von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen weiter ausbauen. Bildung ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass Religionen besser miteinander leben können. Da müssen wir also vorankommen. Und ich werde ganz konkret alle Abgeordneten unserer Fraktion bitten: Bemüht Euch immer, wenn Ihr Ägypten besucht, um Gespräche mit Muslimen und der koptischen Minderheit. Unsere jetzige Reise ist keine einmalige Aktion. Wir müssen daran anknüpfen.



KNA: Haben Sie auch Erwartungen an Deutsche, die als Touristen Ägypten besuchen?

Kauder: Touristen wollen sich erholen. Da geht es vor allem darum, Landschaft, Natur und Kultur zu sehen. Dafür sollte man auch Verständnis haben. Aber wenn jeder Ägyptenbesucher in sein Reiseprogramm den Besuch einer christlichen Kirche aufnimmt, dann wäre schon viel gewonnen. Das wäre ein Zeichen der Verbundenheit. Und das würden die Menschen hier in den Gemeinden auch spüren.



Interview: Christoph Strack