Sozialverbände beklagen Anstieg der Wohnungslosigkeit

Wohnungsnot für Arme

Etwa eine halbe Million Menschen in Deutschland haben laut Schätzungen kein eigenes Zuhause. Sozialverbände wie der Sozialdienst katholischer Frauen schlagen Alarm und fordern bezahlbaren Wohnraum für alle.

Obdachloser in Hamburg / © Bodo Marks (dpa)
Obdachloser in Hamburg / © Bodo Marks ( dpa )

Wohlfahrtsverbände in Nordrhein-Westfalen beklagen einen starken Anstieg der Wohnungslosigkeit. Aufgrund hoher Mietpreise in den Großstädten verlören immer mehr Menschen ihre Wohnung, erklärte die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe am Montag in Düsseldorf zum Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut am 17. Oktober. Vorstand Christian Heine-Göttelmann rief die NRW-Landesregierung zu einem Neustart im sozialen Wohnungsbau auf.

Auch der Sozialdienst katholischer Frauen, der SKM-Bundesverband und der Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln forderten ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum für alle.

Konkurrenz um günstigen Wohnraum

Heine-Göttelmann erklärte, anders als früher könne die diakonische Obdachlosen-, Sucht- und Straffälligenhilfe kaum noch Betroffene in Wohnungen vermitteln. Vor allem in den Großstädten konkurrierten Menschen mit besonderen sozialen Problemen mit Familien mit geringem Einkommen, Flüchtlingen, Studenten und Rentnern um günstigen Wohnraum.

In Düsseldorf habe sich innerhalb von zehn Jahren die Zahl der Wohnungslosen, die die Beratungsstellen der Diakonie aufsuchen, auf mehr als 2.500 verdreifacht. In Dortmund stieg die Zahl in den vergangenen fünf Jahren um fast fünfzig Prozent auf 1.700, in Wuppertal im Laufe lediglich eines Jahres um 40 Prozent auf mehr als 1.600.

Immer weniger Sozialwohnungen

Während es Ende der 1970er Jahre in NRW noch rund 1,6 Millionen Sozialwohnungen gegeben habe, seien es heute nur noch knapp 500.000, erklärte die Diakonie. Die 2016 begonnene Neuförderung gleiche kaum den Verlust an alten Sozialwohnungen aus, die aus der Mietbindung herausfallen. Das lasse Menschen mit besonderen Problemen kaum eine Chance auf dem Wohnungsmarkt.

Der Sozialdienst katholischer Frauen und der SKM-Bundesverband betonten, zu einem entschiedeneren Vorgehen gegen Armut gehörten neben genug bezahlbarem Wohnraum auch der Kampf gegen materielle Not und Überschuldung, ein gleichberechtigter Zugang zu Bildung und eine kostenfreie Gesundheitsfürsorge. Die beiden Fachverbände des Deutschen Caritasverbands kündigten für Dienstag einen bundesweiten Aktionstag gegen Armut an.

Arm zu sein mehr als wenig Geld zu haben

Caritas-Präsident Peter Neher betonte, arm zu sein bedeute weitaus mehr, als nur wenig Geld zu haben: "Arm zu sein heißt, häufiger zu erkranken, schlechtere Bildungschancen zu haben und von vielen Möglichkeiten des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen zu sein."

Der Kölner Diözesan-Caritasverband forderte eine Wohnungspolitik, die sich auf einkommensschwache Haushalte konzentriere. Nach Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe verfügten aktuell rund 500.000 Menschen in Deutschland nicht über einen mietrechtlich abgesicherten Wohnraum, sagte Andreas Sellner, Caritas-Experte von Wohnungslosenhilfe und Präsidiumsmitglied der Arbeitsgemeinschaft.

Vor allem Frauen betroffen

Nur wenige sozial benachteiligte Haushalte hätten überhaupt die Chance, eine Sozialwohnung zu bekommen. Auch Frauen seien vermehrt betroffen, erklärte Sellner.


Quelle:
epd
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