Essener Caritas bekommt "Preis gegen Fremdenfeindlichkeit"

"Sach wat!"

Mit Argumentationstrainings und Kneipentouren gibt der Essener Diözesancaritasverband Tipps, wie man auf Hetzparolen kontern kann. Die Jury der Bischofskonferenz verlieh dem Projekt den Preis gegen Fremdenfeindlichkeit.

Plakat-Aufschrift "Toleranz" / © Patrick Pleul (dpa)
Plakat-Aufschrift "Toleranz" / © Patrick Pleul ( dpa )

"Stell' sich das mal einer vor, da wohnen jetzt tatsächlich Flüchtlinge in der Turnhalle, und mein Kind kann dort keinen Sport mehr machen." Es folgt ein Fluch über "die" Ausländer. Doch die Zuhörer wollen sich auf diese Worte nicht einlassen. Einer widerspricht: Die Kinder könnten doch auch draußen Sport machen. "Es ist doch Winter und kalt draußen, das geht doch nicht. Und überhaupt bekommen die Flüchtlinge doch eh alles", kommt als Antwort zurück.

Erneuter Widerspruch: Woran sich das denn festmachen lasse? Das Gespräch gerät ins Stocken - und einige Minuten später beendet Trainer Tim Ackermann das Rollenspiel.

Tacheless für Toleranz

Mit rund einem Dutzend Teilnehmern hat er sich im Januar in den Räumen der Caritas in Gelsenkirchen zu einem Strategieworkshop getroffen. Caritasmitarbeiter, Pflegeschüler und angehende Erzieher lernen in dem Pilotprojekt "Sach wat! Tacheless für Toleranz" des Essener Diözesancaritasverbandes, wie sie mit Leuten umgehen, die in Zeiten des Flüchtlingszuzugs mit ausländerfeindlichen Parolen Stimmung machen wollen.

Am Dienstag erhielt das Projekt den Katholischen Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) zugesprochen. Der mit 4.000 Euro dotierte Preis wird am 20. Juni in Berlin verliehen. Die Auszeichnung erhalten laut DBK Personen und Gruppen, die sich in Deutschland aus dem katholischen Glauben heraus im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und für ein respektvolles Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft engagieren.

Ernst nehmen, zuhören

Die Sozialpädagogin Wera Schepers hatte in dem Szenario die Aufgabe, in die Rolle einer Hetzerin zu schlüpfen. "Ich habe mich gar nicht ernst genommen gefühlt", resümiert die 34-Jährige im Anschluss. "Mir hat gar keiner zugehört." Für ihre Gesprächspartner heißt das im Umkehrschluss: Gut gemacht. Sie gingen bei dem Rollenspiel auf die ausländerfeindlichen Äußerungen nicht ein. Genau das ist das Ziel des Argumentationstrainings gegen Stammtischparolen.

Insgesamt fanden zwischen November und Februar 17 solcher Trainings im Ruhrbistum statt. Neben Haupt- und Ehrenamtlichen konnten sich auch interessierte Bürger dafür anmelden. Daneben wurden Kneipentouren organisiert. Diese haben laut Caritas bundesweit für Aufsehen und Nachahmer gesorgt. Bei den fünf Veranstaltungen hatte ein Schauspieler-Duo in Ruhrgebietskneipen "Stammtischgespräche" nachgestellt und mit Gästen Strategien gegen Populismus entwickelt. Mehr als 600 Menschen haben laut Veranstalter an den Angeboten teilgenommen.

"Die Würde jedes Mitmenschen verteidigten"

Die Bischofskonferenz ist voll des Lobes: Das Projekt "Sach wat!" erarbeite auf der Grundlage des christlichen Menschenbilds innovative Strategien gegen fremdenfeindliche Ressentiments und für ein besseres gesellschaftliches Miteinander, so die Jury. "Überall in unserem Land gibt es zahlreiche Katholiken, die sich aus ihrem Glauben heraus für ein respektvolles Miteinander und gegen menschenfeindliche Parolen einsetzen", sagte der Jury-Vorsitzende, Hamburgs Erzbischof Stefan Heße. Der Katholische Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus wolle dieses Engagement sichtbar machen und würdigen. An der Arbeit der Initiativen werde deutlich, dass Christen die Würde jedes Mitmenschen verteidigten, "unabhängig von Herkunft und Religion", so Heße.

Das Ruhrbistum freute sich über die Auszeichnung. "Der Erfolg dieser Projekte zeigt, dass es nötig und auch möglich ist, in persönlichen Gesprächen wie im Internet gegen Hass und Hetze Position zu beziehen", sagte Essens Generalvikar Klaus Pfeffer. Derzeit arbeitet die Ruhrcaritas nach eigenen Angaben an einem Folgekonzept und sucht dafür Finanzierungsmöglichkeiten und Kooperationspartner. Das Interesse und die Notwendigkeit solcher Angebote seien offensichtlich.


Quelle:
KNA