In der Ostukraine eskalieren die Kämpfe

"Das Wärmezelt ist in erster Linie ein Auftankpunkt"

Im Osten der Ukraine liefern sich Regierungssoldaten und Separatisten schwere Gefechte. Caritas-Helfer verteilen im Kampf gegen die eisigen Temperaturen zehn Tonnen Lebensmittel, Schlafsäcke und Heizmaterial an die Bevölkerung.

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mt
Kinder packen am 01.02.2017 in Awdijiwka in der Ostukraine Kartons auf einen Schlitten, die sie in einem Hilfszentrum bekommen haben. / © Evgeniy Maloletka (dpa)
Kinder packen am 01.02.2017 in Awdijiwka in der Ostukraine Kartons auf einen Schlitten, die sie in einem Hilfszentrum bekommen haben. / © Evgeniy Maloletka ( dpa )

Die Kälte durchzieht derzeit den Osten der Ukraine. Zwei Kinder sind mit dem Schlitten auf dem Weg zum Hilfszentrum der Caritas und packen zwei Kartons mit Hilfsmitteln auf ihren Schlitten. Diese Bild der Deutschen Presseagentur dokumentiert die derzeitige Lage vieler Menschen im Osten des Landes. Zu der eisigen Kälte von bis zu minus 20 Grad kommen erneut aufgeflammte Gefechte. Regierungssoldaten und Separatisten liefern sich seit Monaten verlustreiche Kämpfe. Nahe der ostukrainischen Stadt Awdijiwka sind bei Kämpfen mindestens drei Regierungssoldaten getötet worden. 24 weitere wurden verletzt, wie die Pressestelle der Armee am Dienstagmorgen mitteilte. Auf Seiten der Separatisten gab es nach eigenen Angaben vier Tote und sieben Verletzte. Bei den Gefechten kamen auch schwere Artillerie und Mehrfachraketenwerfer zum Einsatz; insgesamt kamen seit dem Wochenende 15 Menschen ums Leben. "Die einen sagen, es ist ein eingefrorener Konflikt, andere sagen, es ist ein glimmender Konflikt", berichtet die Vertreterin der Caritas Deutschland in der Ukraine, Monika Rosenbaum domradio.de.

Durch die Kämpfe sind in der Industriestadt mit einst 35.000 Einwohnern bei Temperaturen von bis zu minus 20 Grad in weiten Teilen Strom und Heizung ausgefallen. Die Caritas hat sofort reagiert und Flucht- und Wärmepunkte aufgestellt. "Das ist ein großes beheiztes Zelt", erklärt die Caritas-Mitarbeiterin. "Das Wärmezelt ist in erster Linie ein Auftankpunkt." Die Menschen sollen sich dort aufwärmen können, Elektrizität nutzen und etwas trinken können. An einer anderen Stelle haben Hilfsorganisationen – darunter die Caritas – eine Suppenküche für warmes Essen ins Leben gerufen.

Kein Strom, kein Wasser, viele Tote

Die Lage vor Ort sei verheerend. Die Behörden von Awdijiwka nördlich der Separatistenhochburg Donezk teilten zwar mit, die Heizung in der umkämpften Stadt sei in Teilen wieder hergestellt. In den Wohnungen sei es bis zu 17 Grad warm. In der Industriestadt waren durch Beschuss großflächig Wasser-, Heizungs- und Stromversorgung ausgefallen - bei Außentemperaturen weit unter null Grad.

"Sie müssen sich das so vorstellen, dass die Heizung zwar mit einer Notversorgung über eine benachbarte Fabrik versorgt wird. Aber sie haben große Häuser mit sechs oder sieben Etagen, wo die Temperatur ganz allmählich fällt", erklärt Rosenbaum. Es herrschten Außentemperaturen bis zu minus 17 Grad. Die Temperaturen in den Wohnungen fielen seit Montag von 16 Grad auf nur noch 14 Grad. Davon seien besonders alte Leute und Kinder betroffen. Laut Angaben der Caritas Ukraine leben in der 25.000-Einwohner-Stadt 2000 Kinder sowie rund 10.000 alte, kranke und behinderte Menschen. "Die brauchen die Wärme", erklärt sie im domradio.de Interview.

Etwa 10.000 Menschen getötet

In dem seit 2014 andauernden Konflikt wurden nach UN-Angaben etwa 10.000 Menschen getötet. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte bei einem Berlin-Besuch von Präsident Petro Poroschenko am Montag, dass die Lage in der Ostukraine besorgniserregend sei. "Auch wir können keinerlei positive Bewegung sehen", so Rosenbaum. Die Caritas vor Ort geht davon aus, dass sich diese Konflikte noch eine ganze Zeit halten würden und auch die Zivilbevölkerung sehr stark in Mitleidenschaft gezogen werde. "Allein auf der Seite, die unter der ukrainischer Kontrolle steht, leben um die 400.000 Menschen in dem Streifen der sich entlang der Konfliktzone zieht." Dort gebe es viele Schäden, Straßen seien zerstört, die Lebensmöglichkeiten seien schlecht. "Viele Mediziner und Lehrkräfte haben die Region verlassen. Da bleibt nur, wer es sich nicht anders leisten kann."


Ein Mann steht am 02.02.2017 in seinem von Granaten zerschossenen Haus in Awdijiwka in der Ostukraine. / ©  Evgeniy Maloletka (dpa)
Ein Mann steht am 02.02.2017 in seinem von Granaten zerschossenen Haus in Awdijiwka in der Ostukraine. / © Evgeniy Maloletka ( dpa )

Zwei ältere Frauen, Einwohnerinnen von Awdijiwka, halten gefrorenen Fisch in den Händen. / © Evgeniy Maloletka (dpa)
Zwei ältere Frauen, Einwohnerinnen von Awdijiwka, halten gefrorenen Fisch in den Händen. / © Evgeniy Maloletka ( dpa )

Dr. Monika Rosenbaum, Vertreterin der Caritas Deutschland in der Ukraine / © Hryhoriy Seleshuk (Caritas)
Dr. Monika Rosenbaum, Vertreterin der Caritas Deutschland in der Ukraine / © Hryhoriy Seleshuk ( Caritas )
Quelle:
dpa , DR