Unterschiedliche Meinungen zur geplanten Pflegeausbildung

Kranke im Pflegeheim, Demente im Krankenhaus

Deutschland hat einen großen Bedarf an Pflegekräften - und gleichzeitig einen großen Mangel. Deshalb soll die Ausbildung modernisiert werden. Am Montag gab es eine Bundestagsanhörung dazu, unter anderem mit der Caritas.

In einem Pflegeheim in Düsseldorf / © Oliver Berg (dpa)
In einem Pflegeheim in Düsseldorf / © Oliver Berg ( dpa )

An der Reform der Pflegeausbildung scheiden sich die Geister. Caritas und Diakonie sind dafür, der Berufsverband für Pflegeberufe und die Pflegekassen auch. Doch die Phalanx der Gegner hat es in sich: Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist sich mit den Arbeitgeberverbänden einig, dass die von der Bundesregierung geplante Zusammenlegung der Ausbildungswege von Alten-, Kranken und Kinderkrankenpflege so nicht kommen darf. Auch Kinder- und Jugendärzte sind dagegen, die Bundesärztekammer ist skeptisch, wie am Montag eine Anhörung des Bundestags ergab.

Ab 2018 soll es eine generelle Pflegeausbildung geben

Es geht um technische Einzelheiten, Ausbildungsverordnungen, Schulfragen und Zeitpläne. Stoff für detaillverliebte Experten also, der die Öffentlichkeit wenig interessieren müsste - wenn es nicht um ein Zukunftsthema ginge, das alle angeht. Experten weisen darauf hin, dass der Pflegeberuf dringend attraktiver gemacht werden müsse. Von Pflegenotstand ist die Rede. Bis 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen um die Hälfte auf knapp 3,5 Millionen Menschen steigen, 2050 werden es bereits 4,5 Millionen sein.

Schon heute fehlt qualifiziertes Personal in Krankenhäusern und Heimen: Allein in der Altenpflege wird der Mangel auf rund 30.000 geschätzt. Die Bertelsmann Stiftung geht für 2030 gar von einer halben Million fehlender Fachkräften aus. Schon heute wirbt die Bundesrepublik im Ausland Pflegekräfte an.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) wollen deshalb die Pflegeausbildung grundlegend umbauen. Statt der bisherigen Spezialisierung auf Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege von Anfang an soll es ab dem Jahr 2018 nur noch eine generalistische Ausbildung für sämtliche Pflegejobs geben.

Darüber hinaus soll ein weiterqualifizierender Studiengang eingerichtet werden. Und das Schulgeld, das in einigen Bundesländern noch verlangt wurde, soll verschwinden. Stattdessen gibt es für alle Azubis eine "angemessene Ausbildungsvergütung".

Caritas: Generelle Ausbildung europaweit üblich

Der Deutsche Pflegerat sieht eine Aufwertung der Pflegeberufe und bessere Karrierechancen und Verdienstmöglichkeiten für die Pflegenden. Für Caritas-Präsident Peter Neher steht fest: Die generalistische Pflegeausbildung sei in Modellprojekten erprobt und europaweit üblich. "Mit einer nach Tätigkeitsfeldern getrennten Ausbildung lassen sich die Herausforderungen des demographischen Wandels nicht mehr bewältigen." Die Tätigkeitsfelder überlagern sich: Viele ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen hätten mehrere Krankheiten und einen komplexen Bedarf an medizinischer Pflege. In den Krankenhäusern steige die Zahl demenziell Erkrankter und erfordere Kenntnisse im Umgang mit diesen Patienten.

Auch die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) äußerten sich grundsätzlich positiv, mahnten aber, dass das bestehende hohe pflegerische Qualitätsniveau erhalten werden müsse. Der GKV sprach sich zugleich dafür aus, einen niedrigschwelligen Zugang zur Pflegeausbildung zu erhalten. Auszubildende mit Hauptschulabschluss dürften als Fachkräftebasis nicht verloren gehen.

DGB: Grundausbildung und Schwerpunktsetzung im Anschluss

Dass ausgerechnet der Verzicht auf die sonst überall geforderte Spezialisierung den Pflegeberuf attraktiver machen soll, will den Kritikern jedoch nicht in den Kopf. Gegen jede Zusammenlegung sprach sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) aus. "Es ist unerlässlich, jeden der drei Ausbildungsberufe zu erhalten, zu modernisieren und dabei gemeinsame (Kern-) Qualifikationen zusammen zu vermitteln", erklärte der BDA. Die maximal 40-prozentige inhaltliche Überschneidung zwischen den drei Ausbildungsberufen rechtfertige keine Einheitsausbildung.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wandte sich gegen eine "bloße Zusammenlegung der drei unterschiedlichen Professionen". Er setzt sich für das Modell der integrierten Berufsausbildung in der Pflege ein. Dabei würde einer ein- bis zwei-jährigen einheitlichen Grundausbildung eine Schwerpunktsetzung in allgemeiner Pflege, Kinderkrankenpflege oder Altenpflege folgen.

Die Bundesärztekammer unterstützte die Forderung der Grünen, das Gesetzgebungsverfahren so lange auszusetzen, bis eine konkrete Verordnung über die Ausbildungsinhalte vorliege. Grundsätzlich unterstützen die Ärzte eine generalistische Ausbildung. "Spezialisierungsweiterbildungen im Anschluss an die Ausbildung, die an den jeweiligen Anforderungen der Einsatzfelder ausgerichtet sind, werden jedoch als zwingend notwendig erachtet."


Quelle:
KNA