Ein Caritas-Fachtag zu einem drängenden Thema

Trost spenden in der Pflege - aber wie?

Die Menschen werden immer älter und gute Pflege daher immer wichtiger. Aber wo bleibt neben "satt und sauber" das Thema Glaube und Ethik? Ein bundesweit einmaliges Projekt der Caritas im Erzbistum Köln gibt Hilfestellung.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Pflegerin und Bewohnerin eines Seniorenheims (dpa)
Pflegerin und Bewohnerin eines Seniorenheims / ( dpa )

"Sie sind alt und krank, und ich halt' ihre Hand", rappt Idref über ganz persönliche Erfahrungen. Der 33-Jährige ist im richtigen Leben Altenpfleger Ferdi aus Paderborn. "Ich rappe, weil ich die positiven Seiten des Pflegeberufs zeigen will", erklärt der Mann im grauen Kapuzenpulli. Bei seinem Publikum am Mittwoch in Köln rennt er damit offene Türen ein: Die rund 170 vor allem jungen Frauen und Männer arbeiten alle selbst in der Pflege. Doch beim Caritas-Fachtag zum Thema "Trost spenden in der Pflege - aber wie?" geht es um einen eher ungewöhnlichen Aspekt.

Denn selbst wenn die Menschen immer älter werden und damit gute Pflege an Bedeutung gewinnt - was Alte, Kranke und Sterbende an spiritueller Zuwendung brauchen, kommt vielfach deutlich zu kurz. Dem versucht der Caritasverband im Erzbistum Köln mit seinem Projekt "Dialog! Pflege - Bildung - Glaube - Ethik" abzuhelfen.

Spiritualität weiterhin mit hoher Bedeutung

Trotz sinkender Kirchenmitgliederzahlen verliert das Thema Spiritualität keineswegs an Bedeutung - auch durch die steigenden Zahlen von Menschen aus anderen Kulturen und Religionen, erläutert Projektkoordinatorin Andrea Schaeffer. Zusammen mit Projektleiterin Cornelia Josten entwickelt sie ein vielfältiges Angebot für die rund 2.000 Auszubildenden an den 15 Pflegeschulen in katholischer Trägerschaft im Erzbistum Köln.

Dabei ist zum Beispiel der Film "Mehr als freitags Fisch?! - Wie pflege ich christlich?" entstanden, in dem die jungen Frauen und Männer ihre Erfahrungen und Ideen zum Thema verarbeitet haben. Das Interesse ist groß, wie etwa der hoffnungslos überbuchte erste Fachtag zum Thema zeigte. So findet etwa Alexandra Fertala, die in Köln eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin macht, dass Religion und Glaube im Praxisalltag zu wenig Raum haben. "Letztlich sind Krankenhäuser Wirtschaftsunternehmen", sagt die 23-Jährige. "Stirbt jemand, bleibt kaum Zeit zum Innehalten, da das Bett rasch für den nächsten Patienten vorbereitet werden muss."

Moslem liest aus der Bibel vor

Khalid Mssaad, Kölner Altenpfleger mit marokkanischen Wurzeln, erlebt seinen Alltag im katholischen Seniorenheim Sankt Maria etwas entspannter. "Ich frage die Leute zum Beispiel beim Waschen, wie es ihnen geht", erläutert der 29-Jährige. "Da entstehen oft interessante Gespräche, die den Menschen gut tun - und mir auch." Dass er als Muslim von den alten Menschen gebeten wird, ihnen aus der Bibel vorzulesen, macht ihm nichts aus. "Es geht um Respekt vor dem anderen, dazu gehört auch sein Glaube."

Umgekehrt hat Johannes Marquardt, angehender Gesundheits- und Krankenpfleger am Bonner Gemeinschaftskrankenhaus, Erfahrungen mit muslimischen Patienten gemacht: "Für einen Mann mussten wir rausfinden, wo Osten ist." Am Ende konnte der gläubige Muslim mit Hilfe des 19-Jährigen seine Gebete ordnungsgemäß gen Mekka richten.

Pfleger als Seelsorger gefragt

Die 24-jährige Rachel Zauter, die im Solinger Fachseminar für Altenpflege Sankt Joseph ausgebildet wird, nennt Toleranz und Flexibilität die entscheidende Eigenschaft. "Wir sind oft so etwas wie Seelsorger", erklärt die junge Frau. "Gerade wenn die Menschen im Sterben liegen, suchen sie bei uns Halt." Damit solche Situationen die Pflegekräfte nicht überfordern, bietet das Caritas-Projekt auch Theater-Workshops, in denen die ethischen Aspekte des Berufs praxisnah durchgespielt werden - auch Gespräche zum Thema Tod, Vergebung und ewiges Leben.

Idref, der 2003 durch den Zivildienst in die Altenpflege kam, nennt solche Situationen "Beziehungsmomente". Die hat er etwa im Clip "Alt und Krank" festgehalten, der in seiner Einrichtung entstand. Man sieht fröhliche Senioren beim Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Spielen und Zeitunglesen, hinfällige Alte, denen Idref die Schnabeltasse reicht und die Hand hält, und schließlich drei Pfleger mit gefalteten Händen an einem mit weißen Laken verhüllten Bett - an der Tür das Schild "Aussegnung. Bitte Ruhe". Freitags im Singkreis macht er mit den Bewohnern manchmal "ein bisschen Freestyle", erzählt der Rapper. "Mich erfüllt das, wenn ich die Bewohner lächeln sehe. Ich kann sie begleiten auf ihrem letzten Lebensweg."


Quelle:
KNA