Caritas-Mitarbeiter sondieren Lage nach Erdbeben am Hindukusch

"Das wird noch Tage dauern"

Den Erdbebenopfern in afghanischen Talibangebieten zu helfen, wird schwieriger als im benachbarten Pakistan. Darauf weist Reinhard Würkner von Caritas International hin. Das Hilfswerk stellt 50.000 Euro zur Verfügung.

Ein Kind nach dem Erdbeben in Afghanistan / © Muhammad Sharif (dpa)
Ein Kind nach dem Erdbeben in Afghanistan / © Muhammad Sharif ( dpa )

domradio.de: Was wissen Sie denn über die aktuelle Lage?

Reinhard Würkner (Abteilungsleiter Asien von Caritas International): Die Lage ist nach wie vor verworren, das ist ganz klar. Es ist einfach schwierig durch das Beben und die in den letzten Tagen ziemlich massiven Regenfälle - sowohl in Afghanistan als auch in Pakistan - hat sich die Erde gelockert und es ist zu vielen Hangabrutschen gekommen, die die Straßen und Zugänge in Täler versperren. Zwar hat die pakistanische Armee schon angefangen, diese zum Teil wieder wegzuräumen, aber es ist einfach zu viel und es ist nicht so einfach. Von daher muss man einfach davon ausgehen, dass die jetzigen Zahlen sich noch stündlich verändern und nach oben gehen. Das wird noch Tage dauern bis man wirklich das Gesamtbild des Schadens hat.

domradio.de: Wie sind Afghanistan und Pakistan denn auf diese Naturkatastrophen vorbereitet?

Würkner: Pakistan hat ja nun eine lange leidvolle Erfahrung mit Naturkatastrophen, seien es Überschwemmungen, seien es Erdbeben. Ich erinnere nur an das vor ziemlich genau zehn Jahren stattgefundene große Erdbeben im Norden von Pakistan.

In Pakistan ist natürlich die Armee der Nothelfer Nummer 1, weil sie das nötige Gerät hat. Es sind auch schon im Augenblick mehrere Hubschrauber im Einsatz, die Armee kommt mit schweren Räumgeräten, um die zugeschütteten Straßen und Wege freizuräumen. Da geht´s relativ leicht. In Afghanistan sieht es wesentlich schwieriger aus. Die Gegend, in der das Epizentrum des Erdbebens war, ist dünn besiedelt. Es gibt dort auch nicht viele Projektaktivitäten von ausländischen Hilfsorganisationen. Uns ist nur eine bekannt, die in der Gegend überhaupt aktiv ist. Wir haben über unsere Kollegen in Kabul Kontakt mit ihnen aufgenommen. Problem ist in der Gegend generell natürlich die Sicherheitslage. Zwar haben die Taliban aufgerufen, dass alle den Notleidenden helfen sollen und auch die eigenen Krieger dazu aufgefordert. Aber diesem Frieden traut man natürlich nicht so richtig und das heißt auch die afghanische Armee ist da noch sehr zurückhaltend. Afghanistan ist in der Beziehung sicherlich wesentlich schlechter dran als Pakistan.

domradio.de: Wie ist die Größenordnung dieser Naturkatastrophe  einzuschätzen? Werden Sie von Caritas International da helfen müssen?

Würkner: Wir haben heute einen Dispositionsfonds von 50.000 Euro für unsere Partner, die Caritas in Pakistan, zur Verfügung gestellt. Die Kollegen sind selber mit zwei Teams am Morgen nach Norden gegangen, um auch selber Erhebungen anzustellen. Es gibt Kontakte mit einzelnen Pfarreien, die Schäden melden und auch die Zahl der Toten, soweit sie gefunden werden, dann durchgeben. Man muss aber nochmal genau sehen, was benötigt wird, in jedem Falle Decken und Planen auf Grund der bereits einsetzenden Kälte, um die Leute gegen den Regen zu schützen. Die Armee bzw. die pakistanische Regierung verteilt jetzt schon Zelte, aber das ist alles erst einmal vorläufig. Das genaue Bild kann man noch gar klar definieren.

Das Interview führte Christian Schlegel.  


Quelle:
DR