Die Nationale Armutskonferenz fordert, die Sanktionen der Jobcenter gegen Hartz-IV-Empfänger abzuschaffen. Arbeitslose sollten nicht mehr bestraft werden, wenn sie bestimmte Auflagen nicht erfüllen, erklärte die Armutskonferenz am Mittwoch in Köln. "Mit den Kürzungen bei den Hilfen für Langzeitarbeitslose wurde das Prinzip des Forderns und Förderns von der Bundesregierung in weiten Teilen aufgegeben", kritisierte der Sprecher des Verbandes, Frank Johannes Hensel, der auch Kölner Diözesan-Caritasdirektor ist.
Sanktionen seien nicht nur sinnlos, sondern würden Menschen auch dazu zwingen, "jede Arbeit" anzunehmen, was zu prekären Beschäftigungen führe. Zudem verletzt eine Kürzung der Hartz-IV-Leistungen nach Ansicht der Caritas die Menschenwürde. "Sozialleistungen müssen ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten", betonte Hensel.
Nach dem Sozialgesetzbuch kann ein verpasster Termin oder die Ablehnung von Jobangeboten für Arbeitslose dazu führen, dass die Geldleistungen gesenkt werden. Über das Thema soll am Donnerstag der Bundestag auf Antrag der Oppositionsfraktionen beraten.In der Nationalen Armutskonferenz sind Wohlfahrtsverbände wie Caritas, Diakonie und das Deutsche Rote Kreuz sowie Gewerkschaften und Selbsthilfeverbände zusammengeschlossen. (epd)
30.09.2015
Die Nationale Armutskonferenz fordert, die Sanktionen der Jobcenter gegen Hartz-IV-Empfänger abzuschaffen. Das ist am Donnerstag auch Thema im Bundestag. Michaela Hofmann von der Kölner Caritas zu den Gründen der Forderung nach Abschaffung der Strafen.
domradio.de: Warum sollen die Sanktionen abgeschafft werden?
Michaela Hofmann (Referntin für Armutsfragen beim Diözesan-Caritasverband Köln): Weil nicht bewiesen ist, dass diese Sanktinen irgendeinen Erfolg haben. Außerdem ist das Arbeitslosengeld II schon das soziokulturelle Existenzminimum. Wenn man das noch einmal kürzt, geht man unter das Existenzminimum. Das verstößt gegen das Grundgesetz und ist menschenunwürdig.
domradio.de: Was spricht denn dagegen, dass man von Menschen erwartet, einen angebotenen Job auch anzunehmen?
Hofmann: Viele Menschen nehmen ja jeden Job an. Aber es sind auch Menschen darunter, die z.B. aufgrund psychischer Erkrankungen Termine nicht wahrnehmen, dies aber dem Job-Center-Mitarbeiter nicht sagen wollen. Manchmal erreichen die Leute aber auch ihren Sachbearbeiter gar nicht, wenn sie einen Termin absagen wollen. Dann wird automatisch unterstellt, dass man nicht kommen wollte. Oft sind auch Terminverschiebungen nicht möglich. Es mag ja auch Einzelfälle geben, wo Menschen wirklich bewusst Termine verstreichen lassen. Aber wir gehen davon aus, dass jeder Mensch hat einen Grund hat, warum er nicht hingehen möchte. Es geht in der Regel nicht darum, faul in der Hängematte zu liegen und Geld zu kassieren.
domradio.de: Und wenn doch? Was kann das Jobcenter dann tun?
Hofmann: Das Gesetz sieht nur Geldkürzungen im Rahmen der Sanktionen vor. Betrug und Missbrauch gibt es immer, dann ist es aber sowieso eine strafrechtliche Angelegenheit, dann kann Strafanzeige erstattet werden. Das ist wie Diebstahl. Aber Menschen dafür zu bestrafen, dass sie arbeitslos sind, kann nicht der richtige Weg sein. Man kann oft einfach nicht jede Arbeit annehmen, z.B. wenn man zwei Stunden Fahrweg hat, dann ist das oft mit der Familie nicht vereinbar. Solche Argumente werden dann aber mitunter gar nicht gehört. Warum muss man dann die Leute bestrafen? Man sollte gemeinsam mit den Menschen eine Lösung überlegen, anstatt ihnen vorzuwerfen, sie wären faul und sie zu bestrafen. Das entspricht nicht unserem Menschenbild und dem Grundverständnis von Caritas.
domradio.de: Am Donnerstag wird nun im Bundestag über die Sanktoinen beraten. Was erwarten Sie?
Hofmann: Ich erwarte und befürchte, dass der Antrag abgelehnt wird. Die Regierungsparteien sind in diesem Punkt leider nicht verhandlungsbereit. Sie beharren auf den Sanktionen, weil sie den Betroffenen unterstellen, sie wollten nicht arbeiten. Wir empfehlen den Politikern, sich einmal mit diesen Menschen zu unterhalten und sich eine Meinung vor Ort zu bilden.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.
Die Nationale Armutskonferenz fordert, die Sanktionen der Jobcenter gegen Hartz-IV-Empfänger abzuschaffen. Arbeitslose sollten nicht mehr bestraft werden, wenn sie bestimmte Auflagen nicht erfüllen, erklärte die Armutskonferenz am Mittwoch in Köln. "Mit den Kürzungen bei den Hilfen für Langzeitarbeitslose wurde das Prinzip des Forderns und Förderns von der Bundesregierung in weiten Teilen aufgegeben", kritisierte der Sprecher des Verbandes, Frank Johannes Hensel, der auch Kölner Diözesan-Caritasdirektor ist.
Sanktionen seien nicht nur sinnlos, sondern würden Menschen auch dazu zwingen, "jede Arbeit" anzunehmen, was zu prekären Beschäftigungen führe. Zudem verletzt eine Kürzung der Hartz-IV-Leistungen nach Ansicht der Caritas die Menschenwürde. "Sozialleistungen müssen ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten", betonte Hensel.
Nach dem Sozialgesetzbuch kann ein verpasster Termin oder die Ablehnung von Jobangeboten für Arbeitslose dazu führen, dass die Geldleistungen gesenkt werden. Über das Thema soll am Donnerstag der Bundestag auf Antrag der Oppositionsfraktionen beraten.In der Nationalen Armutskonferenz sind Wohlfahrtsverbände wie Caritas, Diakonie und das Deutsche Rote Kreuz sowie Gewerkschaften und Selbsthilfeverbände zusammengeschlossen. (epd)