Caritas-Kongress in Berlin

Solidarität im Mittelpunkt

Die Caritas mahnt einen verantwortungsvollen Einsatz der staatlichen "Schuldenbremse" an. Sie dürfe die Solidaritätssysteme nicht gefährden, so Caritas-Präsident Peter Neher. Die Bundeskanzlerin verteidigt die Einführung des Betreuungsgeldes.

Angela Merkel und Caritas-Präsident Peter Neher / © Wolfgang Radtke (KNA)
Angela Merkel und Caritas-Präsident Peter Neher / © Wolfgang Radtke ( KNA )

Er blicke mit Sorge vor allem auf die Situation der Kommunen, betonte Neher in Berlin bei der Eröffnung des Caritaskongresses. Wichtig sei, die Solidarität in der Gesellschaft zu erhalten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass alle Menschen ihre Potenziale zu einem gelingenden und selbstständigen Leben entfalten könnten.

Dies trage auch zur Nachhaltigkeit der Sozialsysteme bei und helfe, die Belastungen der Bürger zu begrenzen, sagte der DCV-Präsident. Er plädierte dafür, dass die Leistungs- und Kostenträger und die freigemeinnützigen Leistungserbringer in "einen produktiven Dialog miteinander kommen".

"Solidarität macht (k)einen Unterschied"

Der Kongress steht unter dem Motto "Solidarität macht (k)einen Unterschied". Die Föderalismuskommission hatte vor vier Jahren die sogenannte Schuldenbremse beschlossen, um die Staatsverschuldung Deutschlands zu begrenzen. Die verfassungsrechtliche Regelung macht Bund und Ländern seit 2011 verbindliche Vorgaben zur Verringerung des Haushaltsdefizits.

Die frühere niedersächsische Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU) kritisierte bei der Veranstaltung die Umsetzung des Anerkennungsgesetzes für Berufsabschlüsse von Migranten. Obwohl das Gesetz bereits vor einem Jahr in Kraft getreten sei, sei es erst in fünf Bundesländern umgesetzt worden. Es gilt bislang in Hamburg, Saarland, Niedersachsen, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern. Auch eine "Anerkennungskultur" gehöre aber zu einer solidarischen Gesellschaft, so Özkan.

Zugleich bemängelte sie die Debatte über das Betreuungsgeld, das ab dem 1. August die Elten erhalten sollen, die ihre unter dreijährigen Kinder nicht in einer staatlich geförderten Einrichtung betreuuen lassen. Kritiker befürchten, dass insbesondere Migranten ihre Kinder deshalb nicht mehr in die Tageseinrichtungen schicken. Wichtiger als der Streit um diese Leistung sei die Frage, warum Kitas von Migranten so schlecht akzeptiert würden, sagte Özkan.

Werben für Familien

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte beim Jahresempfang Donnerstagabend in Berlin erneut die Einführung des Betreuungsgeldes. Sie sei zunächst eine große Skeptikerin dieser Familienleistung gewesen, erklärte Merkel. Inzwischen sehe sie das Betreuungsgeld als ein Signal an die Eltern, die ihr Kind auch im zweiten und dritten Lebensjahr noch zu Hause betreuen möchten. "Wir müssen respektvoll mit den Lebenswünschen von Familien umgehen", so Merkel. "Zugleich müssen wir alles tun, damit sich diese Lebenswünsche realisieren lassen", erklärte die Bundeskanzlerin.

Am Jahresempfang nahmen auch der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler, der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, die Kirchenbeauftragte der SPD-Fraktion, Kerstin Griese, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe Gerda Hasselfeldt sowie der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Gregor Gysi, teil.

Zollitsch warnt vor Funktionalisierung der Familienpolitik

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, warnte bei der Veranstaltung vor einer "Verzweckung und Funktionalisierung" der Familienpolitik. Eine Politik, die primär an der "Marktfähigkeit" des Menschen und am "Humankapital" der Familien interessiert sei, werde den eigentlichen familiären Belangen nicht gerecht, sagte Zollitsch.

Zollitsch betonte, Familien bräuchten Handlungsräume, damit sie sich in unterschiedlichen Lebensphasen möglichst frei entscheiden könnten. Dazu gehöre auch, Eltern unabhängig vom Kita-Ausbau in ihrem Erziehungsauftrag zu stärken und sie zwischen unterschiedlichen Familienmodellen wählen zu lassen. Es sei deshalb plausibel, sowohl eine finanzielle Anschlussleistung an das Elterngeld als auch einen Anspruch auf Kindertagesbetreuung zu gewähren, sagte der Erzbischof.

Zugleich plädierte Zollitsch für die Beibehaltung des Ehegattensplittings. Es diene der Steuergerechtigkeit und schütze die Ehe als Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft in besonderer Weise. Es dürfe auch bei einer möglichen Ausweitung in ein Familiensplitting in seinem Bestand nicht gefährdet werden, so der Erzbischof.