Auch die katholischen Krankenhäuser sind von der Finanzmisere betroffen

"Die Situation ist dramatisch"

"Jobkiller Gesundheitspolitik: 1 Milliarde Euro fehlt in deutschen Krankenhäusern" heißt es zurzeit auf Plakaten in NRWs Kommunen. Auch an katholischen Einrichtungen fehlt Geld. Über die Folgen im domradio.de-Interview Caritas-Gesundheitsreferent Peter Brüssel.

 (DR)

domradio.de: Es heißt, Pfleger und Ärzte arbeiten schon jetzt am Anschlag - ist die Situation in Krankenhäuser der Caritas auch so dramatisch?

Brüssel: Absolut. Die Situation ist dramatisch! Die katholischen Krankenhäuser sind oft Häuser der Grundversorgung - und damit der Situation besonders stark ausgesetzt, egal ob auf dem Land oder in der Stadt.



domradio.de: Woran liegt es, dass bundesweit 20.000 und hier in NRW 6000 Jobs bedroht sind?

Brüssel: Zwei Drittel der Kosten eines Krankenhauses sind Personalkosten. Tarifsteigerungen von alleine 3,5 Prozent in 2012, denen eine gesetzlich festgelegte Budgetsteigerung von nur 1,48 Prozent gegenüber steht, lassen eine riesige Finanzlücke entstehen. Und davon betroffen sind alle Häuser - egal ob katholisch, kommunal oder Uniklinik.



domradio.de: Was bedeutet das für die Patienten?

Brüssel: Stellenabbau mit der Folge von Serviceverlusten und auch längeren Wartezeiten bei Operationen oder sonstigen Behandlungen merken die Patienten direkt. Die mit dem Stellenabbau verbundene Arbeitsverdichtung merken die Mitarbeiter in den Häusern. Krankenhausschließungen sollen nach allen Möglichkeiten vermieden werden - sie sind aber nicht ausgeschlossen. Gleiches betrifft dann natürlich auch Kündigungen von Mitarbeitern.



domradio.de: Kurz vor den Protesten und kurz vor den Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen knickt Gesundheitsminister Bahr ein und will das rigide Sparpaket für Kliniken aufweichen. Rund 350 Millionen Euro will die Union nun spendieren. Ist das die Lösung?

Brüssel: 350 Millionen sind schön - aber zu wenig. Wir benötigen eine Milliarde, aber auch das wäre nicht die Lösung. Wir brauchen einfach dringend verlässliche Finanzierungs- und Planungsgrundlagen. Mittel, die einmalig - vielleicht aus Wahlkampfüberlegungen heraus - gegeben werden, erzeugen nur Einmaleffekte ohne Wirkung.



domradio.de: Was fordert die Caritas um die finanzielle Lage der Krankenhäuser zu verbessern?

Brüssel: Wir fordern eine stetige und auskömmliche Finanzierung der Personalkosten, damit zum einen die Leistungen für die Patienten erbracht werden können, aber auch die Mitarbeiter direkt an der Entwicklung der Löhne teilhaben. Die zweite Forderung: ein Abbau des Investitionsstaus durch Erhöhung von Landesmitteln, also Geld, das für Investitionen dringen notwendig ist, fehlt einfach. Und damit verbunden ist die dritte Forderung: eine Steigerung der Attraktivität der Pflegeberufe. Denn wegen der demografischen Entwicklung sind Krankenschwester und -pfleger die Berufsgruppen, die wir für die Zukunft brauchen.



Peter Brüssel leitet beim Diözesan-Caritasverband im Erzbistum Köln die Abteilung Krankenhäuser.



Das Gespräch führte Pia Klinkhammer.