Caritas-Studie stellt Nutzen der Tafeln in Frage

Keine dauerhafte Lösung

Tafeln, Suppenküchen und Kleiderkammern lindern laut einer Studie zwar akute Notlagen, sie verfestigen aber auch eine Spaltung der Gesellschaft. Nach einer Untersuchung der Caritas in NRW fühlen sich die Nutzer solcher existenzunterstützender Angebote dauerhaft aus der Gesellschaft ausgegrenzt. Zugleich verstehen sich die Mitarbeiter "als Ausfallbürgen für die mangelnde staatliche Unterstützung". Abschaffen sei dennoch keine Lösung.

 (DR)

Eine solche Spaltung der Gesellschaft sei nicht akzeptabel, sagte der Sprecher der nordrhein-westfälischen Diözesan-Caritasdirektoren, Heinz-Josef Kessmann. Existenzsicherung sei Aufgabe des Sozialstaates und dürfe nicht auf die Armenfürsorge der Wohlfahrtsverbände und der Gesellschaft verschoben werden. Aufgabe des Staates sei es auch, Armut und Ausgrenzung zu verhindern. Tafeln, Kleider- und Möbelshops könnten und dürften deshalb keine dauerhafte Lösung sein.



Allerdings könnten die Einrichtungen nicht schnell abgeschafft werden, sagte Kessmann. Vielmehr sei es erforderlich, sie so weiterzuentwickeln, dass sie auch die "Selbstheilungskräfte" der Armen aktivieren. Laut Kessmann sollten etwa Suppenküchen und Kleiderkammern mit anderen Angeboten der Caritas wie der Schuldner- und Erziehungsberatung verknüpft werden. "Wir müssen an den Problemen ansetzen und nicht Symptome kurieren." Gleichzeitig führe das weg von der Essens- oder Kleiderausgabe in Hinterhöfen und hin zu einer Art Sozialkaufhäuser, in denen den Betroffenen "auf Augenhöhe" geholfen und die Teilhabechance von Menschen in Armut gefördert werde.



Die Studie trägt den Titel "Brauchen wir Tafeln, Suppenküchen und Kleiderkammern?". Sie wurde von der Forschungsgruppe "Tafelmonitor" unter Leitung der Sozialwissenschaftler Stefan Selke aus Furtwangen und Katja Maar aus Esslingen im Auftrag der Caritas in NRW erstellt.

Befragt wurden nach Worten der stellvertretenden Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz, Michaela Hofmann, sowohl regelmäßige Nutzer als auch "Nutzungsverweigerer" von Tafeln und anderen Hilfseinrichtungen sowie deren ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter.



In NRW gibt es nach den Angaben mehr als 1.000 existenzunterstützende Einrichtungen für sozial Schwache, darunter rund 540 der Caritas. Ein Großteil davon entstand erst nach Inkrafttreten der Hartz-IV-Reform 2005. Sie werden vor allem von Langzeitarbeitslosen und deren Angehörigen genutzt. Die Studie ist als Buch im Freiburger Verlag Lambertus erschienen.



Hinweis: Caritas in NRW (Hg.): Brauchen wir Tafeln, Suppenküchen und Kleiderkammern? Hilfen zwischen Sozialstaat und Barmherzigkeit; Verlag Lambertus, Freiburg 2011, 15,80 Euro.