Bundesfreiwilligendienst ersetzt künftig den Zivildienst

Adieu, Mischa

Nun ist es Fakt: Ein neuer Bundesfreiwilligendienst wird zum 1. Juli den bisherigen Zivildienst ersetzen. Der Bundestag beschloss am Donnerstag in Berlin mit den Stimmen von Union und FDP einen Gesetzentwurf, der künftig die Förderung von jährlich 35.000 Stellen in sozialen und ökologischen Einrichtungen, in Kulturstätten sowie beim Katastrophenschutz oder in den Bereichen Integration und Sport vorsieht.

 (DR)

Der freiwillige Dienst soll mindestens sechs und höchstens 18 Monate dauern, in Ausnahmefällen 24 Monate. Die Kosten werden auf jährlich rund 250 Millionen Euro beziffert. Die Freiwilligen bekommen Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung gestellt.



Anlass für die Neuregelung ist die geplante Bundeswehrreform und das vorläufige Ende der Wehrpflicht, mit der auch die Grundlage für den Zivildienst entfällt. Gab es zuletzt noch etwa 90.000 Zivis in sozialen Einrichtungen, so sieht der Freiwilligendienst rund 35.000 Stellen vor. Hinzu kommen etwa genauso viele Stellen für das Freiwillige Soziale oder das Freiwillige Ökologische Jahr, das die Länder organisieren. Die Bedingungen sollen in etwa gleich sein. Der Bund stellt für beide Dienste rund 350 Millionen Euro bereit.



Der neue Dienst stehe nicht nur jungen Männern, sondern auch Frauen und Älteren offen, die aus eigener Motivation heraus aktiv würden, lobte Familienministerin Kristina Schröder in der ersten Lesung des zugehörigen Gesetzes. Um genügend Freiwillige zu finden, seien passgenaue Angebote nötig, auch für Menschen mit Migrationshintergrund. "Vor uns liegt jetzt eine gewaltige Gemeinschaftsaufgabe", sagte die Ministerin.



Opposition kritisiert Doppelstruktur

SPD und Grüne kritisierten vor allem die überstürzte Einführung des neuen Dienstes und die Doppelung mit den von den Ländern organisierten Diensten. Die Bundesregierung habe die Träger verunsichert, sagte die SPD-Politikerin Kerstin Griese. Das Gesetz sei Flickschusterei, sagte auch der Grünen-Abgeordnete Kai Gehring. Kernkritikpunkt bleibe, dass nicht die bewährten Freiwilligendienste ausgebaut, sondern ein "staatsfixierter Bundesdienst" zusätzlich eingeführt werde.



Schröder wies die Kritik zurück. Die Länder hätten schlicht nicht die 300 Millionen Euro bereitstellen wollen, die der Bund nun für den Bundesdienst ausgibt. Die Linke lehnt den neuen Bundesfreiwilligendienst grundsätzlich ab, wie die Abgeordnete Heidrun Dittrich sagte. Zwar seien die Zwangsdienste nicht erhaltenswert. Doch sei zu befürchten, dass die neuen billigen Freiwilligen normale Arbeitsplätze verdrängen. Betroffen vom Wegfall wären vor allem Frauen. "Das ist ein Skandal, was sie den Frauen zumuten", meinte Dittrich.



Interesse noch unklar

Die großen Wohlfahrtsverbände bezweifeln, dass der neue Freiwilligendienst die Personallücken nach Wegfall des Zivildiensts stopfen kann. "Unsere Dienste und Einrichtungen sind hochgradig verunsichert", sagte der Zivildienstexperte der Caritas, Michael Bergmann, der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. "Wir wissen nicht, wie viele sich melden, wenn die Dienstpflicht wegfällt."



Auch der Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Werner Hesse, sagte: "Wie groß das Interesse ist, lässt sich noch überhaupt nicht sagen." Auch sei der Vorlauf für die Einführung kurz. Auch Caritas-Experte Bergmann sagte, die von der Regierung geplante große Werbekampagne komme im Mai zu spät.