Diakonie und Caritas befürchten Parallelstrukturen im Freiwilligendienst

Freiwilliges Soziales Jahr besser

Diakonie und Caritas in NRW begegnen Plänen der Bundesregierung für einen freiwilligen Zivildienst mit Skepsis. Es wäre kontraproduktiv, wenn damit Parallelstrukturen zu den bestehenden Freiwilligendiensten entwickelt würden, besser wäre es, das bestehende Freiwillige Soziale Jahr zu stärken.

 (DR)

Mit Blick auf eine mögliche Aussetzung der Wehrpflicht und die Abschaffung des Zivildienstes hat die Caritas im Erzbistum Köln eine Stärkung des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) gefordert. Ein FSJ könne flexibel für kürzere oder längere Zeiträume vereinbart werden, erklärte der Diözesan-Caritasverband am Dienstag in Köln. Damit erfülle diese Form des freiwilligen sozialen Engagements bereits jetzt die Voraussetzungen, die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) für einen bundesweiten freiwilligen Zivildienst fordere.

Der Unterschied zum von Schröder geforderten Modell sei allein, dass das FSJ «zivilgesellschaftlich und damit bürgernah verankert» sei, so der Caritasverband. «Warum nun einen neuen freiwilligen Zivildienst in primär staatlicher Organisationsverantwortung als Parallelstruktur etablieren?» Schröder hatte sich für einen bundesweiten freiwilligen Zivildienst für Männer und Frauen in sozialen Einrichtungen ausgesprochen. Dieser solle zwischen 6 und in Ausnahmefällen 24 Monate dauern und mit etwa 500 Euro pro Monat bezahlt werden.

Der Diözesan-Caritasverband forderte «ein eindeutiges Signal» von der Bundesregierung. Junge Menschen wollten sich engagieren und dies mit Bildung und Berufsvorbereitung verbinden. Gerade das FSJ sei durch seine Ausgestaltung als Bildungsjahr besonders attraktiv. Auch brauchten die Träger sozialer Dienste und Einrichtungen Planungssicherheit, um alternative Lösungen für den Wegfall von Zivildienstlern schaffen zu können.


Diakonie: FSJ bewährt
Grundsätzlich lasse sich ein Wegfall des Zivildienstes in evangelischen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen verkraften, sagte Barbara Montag, Geschäftsbereichsleiterin bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL), dem epd. Voraussetzung sei aber eine Kompensation durch einen Ausbau des Freiwilligen Sozialen Jahres, das sich bewährt habe. Im Bereich der Diakonie RWL arbeiten nach Angaben Montags derzeit rund 4.000 Zivildienstleistende und 2.000 Teilnehmer eines Freiwilligen Sozialen Jahres.

Das größte diakonische Unternehmen Europas, die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, kündigte an, seinen Freiwilligendienst des Betheljahres weiter auszubauen. Mit diesem Dienst sei Bethel auf einen möglichen Wegfall des Zivildienstes vorbereitet, erklärte ein Sprecher. In Bethel gebe es rund 80 Zivildienstleistende. Das freiwillige Betheljahr sei hingegen von 220 auf aktuell 280 Plätze aufgestockt worden. Ziel des einjährigen Freiwilligen Sozialen Jahres sei es, das soziale Engagement von jungen Männern und Frauen zu fördern.

Der Leiter der Abteilung Freiwilligenagentur und Zivildienst in Bethel, Alexander Pollhans, mahnte eine bessere öffentliche Finanzierung des Freiwilligen Soziales Jahres an. Im Vergleich zu einer Zivildienststelle erhielten die Träger für einen Freiwilligenplatz jedoch weniger als ein Viertel der Förderung.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte am Montag den Fachpolitikern der Koalition seine Empfehlungen zur Reform der Bundeswehr vorgestellt. Danach soll der Wehrdienst im Grundgesetz verankert bleiben, aber auf freiwillige Basis gestellt werden. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) will sich für einen freiwilligen Zivildienst einsetzen, falls im Zuge der Bundeswehrreform die Wehrpflicht ausgesetzt wird. Dieser Zivildienst solle für Frauen und Männer offenstehen.