Kirche und Sozialverbände begrüßen Hartz-IV-Urteil - und fordern Taten

"Ein guter Tag für unser Land"

Sozialverbände und die deutschen Bischöfe begrüßen das Hartz-IV-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Der heutige Tag sei "ein guter für unser Land", sagte der Kölner Diözesancaritasdirektor Hensel im domradio-Interview. Die Entscheidung sei eine "für die Menschen". Der Paritätische Wohlfahrtsverband wertete das Karlsruher Urteil als "schallende Ohrfeige für die Bundesregierung".

Autor/in:
Michael Borgers
 (DR)

Der Verband fordert nun eine deutliche Anhebung der Kinderregelsätze. Ferner müsse das Existenzminimum künftig regelmäßig durch den Bundestag neu beschlossen werden.

Auch die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Deutsche Kinderschutzbund und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie das Zukunftforum Familie (ZFF) haben die Entscheidung begrüßt. Zugleich betonten sie im Namen des "Bündnisses Kindergrundsicherung", dass höhere Kinderregelsätze nur ein erster Schritt sein könnten. Auch eine eigenständige Berechnung des tatsächlichen Bedarfs von Kindern löse nicht die grundsätzlichen Systemmängel in der Familienförderung.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am Vormittag entschieden, dass die Berechnung der Hartz-IV-Sätze bis Jahresende auf eine neue Grundlage gestellt werden muss. Mit dem bisherigen Verfahren sei nicht ausreichend gesichert, dass das Recht auf ein "menschenwürdiges Existenzminimum" mit den staatlichen Leistungen erfüllt wird.

Bischofkonferenz begüßt Urteil
Die Deutsche Bischofskonferenz sprach von einem «wichtige Schritt für die Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums», sagte der Vorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, am Dienstag in Bonn.

Er begrüßte vor allem die Forderung des Gerichts, dass der besondere Bedarf von Kindern bei der Berechnung der Regelsätze besonders berücksichtigt werden muss. Zu Recht werde auch auf die Bedeutung der Aufwendungen für die Bildung der Kinder hingewiesen. «Dies ist der Schlüssel, um Chancengerechtigkeit zu ermöglichen und der Verfestigung von Armut entgegenzuwirken», sagte Zollitsch. Wichtig sei auch, dass der Gesetzgeber aufgefordert werde, das Existenzminimum bei besonderen Bedarfslagen in Form einer Härtefallregelung sicherzustellen, hieß es.

Regierung will schnellstmöglich Regelsätze überprüfen
Die Bundesregierung wird nach den Worten von CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Köhler "schnellstmöglich Höhe und Struktur aller Regelsätze überprüfen, um den kinderspezifischen Bedarf gerecht zu werden". Die Ministerin begrüßte die Entscheidung als "richtig und wichtig" und sprach von einem "klaren Handlungsauftrag für die Bundesregierung".

Ob auf den Staat durch das Urteil höhere Kosten zukommen, ist nach ihren Worten aber noch nicht klar. Die Richter hätten nicht gesagt, dass die Regelsätze erhöht werden müssten, sondern nur, dass die Bemessungsgrundlage bislang nicht in Ordnung gewesen sei. Zugleich betonte sie, dass das Urteil weit über die Frage der Regelsätze hinausreiche und auch Bedeutung für andere Familienleistungen habe.