Caritas-Kampagne für benachteiligte Jugendliche "Achten statt Ächten"

Gegen Verschärfung des Strafrechts

Unter dem Motto „Achten statt ächten“ setzt sich der Deutsche Caritasverband (DCV) in diesem Jahr für eine veränderte Haltung benachteiligten Jugendlichen gegenüber ein. Zum Kampagnen-Auftakt am heutigen Donnerstag in Berlin machte Caritas-Präsident Peter Neher vor Journalisten deutlich: „Wir wollen für die Anliegen junger Menschen sensibilisieren, die durch ihre familiäre, soziale und die Bildungssituation benachteiligt sind.“ Nach wie vor gebe es in Deutschland einen fatalen Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und den Bildungs- und damit auch Lebenschancen von Kindern und Jugendlichen.

 (DR)

Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, hat in der Debatte über Jugendgewalt den "verkürzten Blick" allein auf härtere Strafen kritisiert. Sinnvoller als eine Verschärfung des Strafrechts seien Investitionen in sozialpädagogisch geschultes Personal und jugendgerechte Unterbringungen junger Straftäter, sagte Neher am Donnerstag in Berlin. Die Caritas stellte dort ihre Jahreskampagne "Achten statt ächten" für benachteiligte Jugendliche vor.

Neher sagte weiter, von manchen Politikern werde in der Debatte "ein Rechtsstaatdefizit behauptet", obwohl die gesamte Fachwelt auf präventive Maßnahmen setze. Das deutsche Jugendstrafrecht sei eines der besten weltweit, weil es einen flexiblen Einsatz von Maßnahmen ermögliche, unterstrich er. Diese müssten nur auch angewendet werden.

Dabei sei es "bodenlos", eine bessere Anwendung von Strafen zu fordern, wenn zugleich die Mittel für sinnvolle Maßnahmen wie etwa Anti-Aggressionstraining gekürzt würden.

Die Caritas-Kampagne "Achten statt ächten" soll eine veränderte Haltung gegenüber gesellschaftlich ausgegrenzten Jugendlichen bewirken. Auf Plakaten werden unter dem Motto "So sehen Helden aus" die Anstrengungen von Mädchen und Jungen gewürdigt, die trotz aller Widrigkeiten ihr Leben in die Hand nehmen. Dabei handelt es sich zum Teil um "Models" aus Caritas-Jugendeinrichtungen. Begleitend dazu spielt ein TV- und Kinospot mit den Vorurteilen Erwachsener gegenüber benachteiligten Jugendlichen. Auf einer Website schließlich kommen Jugendliche selbst zur Sprache und präsentieren Filme und Werbespots.

Neher betonte, Anerkennung allein helfe den Jugendlichen nicht:
"Politik und Gesellschaft sind gefordert, die richtigen Weichen für diese Generation zu stellen." Angesichts des demografischen Wandels könne die Gesellschaft es sich auch nicht mehr leisten, diese jungen Leute einfach fallen zu lassen.
Die Zahlen sprächen eine deutliche Sprache, wie dringend das Problem angegangen werden müsse, sagte Neher. 2005 verließen acht Prozent aller Schulabgänger die Schule ohne Hauptschulabschluss. Im November 2007 waren mehr als 345.000 Jugendliche unter 25 Jahren arbeitslos gemeldet, rund 926.000 bezogen Hartz IV.

Neher forderte daher eine umfassende Bildungsreform. Dazu gehöre etwa eine Verzahnung von Angeboten der Jugendarbeit mit Schulen. Auch müsse die Schulsozialarbeit insbesondere an Hauptschulen ausgebaut werden. Berufsorientierung und -vorbereitung müssten als Regelangebot ins Schulsystem eingebunden werden: "Ziel muss es sein, dass jeder Jugendliche einen Berufsabschluss erreicht", sagte Neher.