Jugendkriminalität spaltet Koalition - domradio portraitiert Jugendhaus

Von Politikern und Populisten

Die Debatte um jugendliche Straftäter ebbt nicht ab und spaltet die Koalition immer weiter: Die SPD wirft der Union nun vor, "am rechten Rand der Gesellschaft" auf Stimmenfang zu gehen und präsentiert eine alternative Idee zum Erziehungscamp der CDU. Der katholische Jugendbischof Franz-Josef Bode warnt unterdessen vor einer "populistischen Diskussion". - Wie Caritas seit Jahren ohne große Medienöffentlichkeit Jugendliche zurück in die Gesellschaft führt - hören Sie ein Portrait des Raphaelshauses von domradio-Redakteurin Kristina Kiauka.

 (DR)

Im Streit um die Jugendkriminalität hat der SPD-Vorsitzende Kurt Beck der Union vorgeworfen, am rechten Rand der Gesellschaft auf Stimmenfang zu gehen. "Das, was gerade geschieht, ist Rechtspopulismus und hat mit der Mitte nichts zu tun", sagte Beck am Montag am Rande der SPD-Strategieklausur in Hannover.

Die Union schlage bei den Landtagswahlkämpfen in Hessen und Niedersachsen "wie ein Ertrinkender um sich". SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bezeichnete den Vorstoß von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) für ein schärferes Jugendstrafrecht als "durchsichtiges Wahlkampfmanöver".

Die SPD-Führung will auf ihrer Klausurtagung Grundsatzpapiere für einen flächendeckenden Mindestlohn, die Bekämpfung der Kinderarmut und die Verstetigung des Wirtschaftswachstums verabschieden.

Zypries will schnellere Strafverfahren
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat Forderungen der Union nach einem verschärften Jugendstrafrecht erneut zurückgewiesen. Die Vorschläge würden zum großen Teil bereits seit Jahrzehnten diskutiert, Fachleute hätten sich aber immer wieder gegen sie ausgesprochen, sagte Zypries am Montag im ARD-Morgenmagazin. So sei etwa die Forderung nach einem Warnschussarrest von drei Tagen "völliger Populismus". Eine solch kurzzeitige Maßnahme verhindere keine kriminelle Karriere. Eine Erhöhung der Höchststrafe für kriminelle Jugendliche wiederum mache es schwerer, die Täter nach Abbüßen der Haft wieder zu integrieren.

Zypries sprach sich stattdessen für schnellere Strafverfahren aus. "Der alte Spruch 'Die Strafe muss auf dem Fuße folgen' ist ja gerade bei Jugendlichen so wichtig", unterstrich sie. Daneben müsse "so wie in den vergangenen Jahren" verstärkt auf Prävention und Integration gesetzt werden. Die Jugendkriminalität komme ja nicht "vom Himmel", sondern rühre daher, dass Jugendliche keine Perspektive hätten.

Am Wochenende hatte sich der Bundesvorstand der CDU in seiner "Wiesbadener Erklärung" für einen "Warnschussarrest" bei Bewährungsstrafen, Erziehungscamps, eine Anhebung der Höchststrafe und eine schnellere Abschiebung ausländischer Straftäter ausgesprochen. Für Angeklagte zwischen 18 und 21 Jahren solle zudem das Erwachsenenstrafrecht die Regel, das Jugendstrafrecht die Ausnahme werden.

Bischof Bode gegen populistische Diskussion
Der katholische Jugendbischof Franz-Josef Bode hat sich gegen eine undifferenzierte Forderung nach Verschärfung von Jugendstrafen gewandt. Angesichts schrecklicher Berichte über die Gewalttätigkeiten von jungen Leuten sei man schnell mit "lauten Schlagworten" bei der Hand, sagte der Osnabrücker Bischof am Sonntag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Osnabrück. Doch seien "therapeutische Methoden, die nicht so krass sind" den Jugendstrafcamps und Warnarresten vorzuziehen.

Bode sprach sich dafür aus, die Geschichte jedes einzelnen straffälligen Jugendlichen genau zu betrachten und differenzierte Wege zu gehen. Vor dem Hintergrund des Jahresthemas des Deutschen Caritasverbandes "Achten statt Ächten. Eine Initiative für benachteiligte Jugendliche", das in dieser Woche in Berlin vorgestellt wird, appellierte der Jugendbischof an Kirche und Gesellschaft, sich nicht an Misstände wie Jugendarbeitslosigkeit zu gewöhnen. Stattdessen rief er dazu auf, sich für Chancengleichheit aller jungen Menschen einzusetzen.