Koalition beschließt neue Hilfen - Caritas lobt Neuerung

Zweite Chance für Langzeitarbeitslose

Die große Koalition will bis zum Ende der Legislaturperiode 100 000 schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose in neue Jobs bringen und hat dafür zwei neue Programme aufgelegt. Auf seinem letzten Sitzungstag vor der Sommerpause gab der Bundestag am Freitag grünes Licht für entsprechende Koalitionsvorhaben, die auf harsche Kritik der Opposition stießen. Der Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes Prof. Dr. Georg Cremer bewertet im domradio die Neuregelung positiv, sie dürften jedoch nicht dazu missbraucht werden, um den "Mangel an Ausbildungsplätzen statistisch zu kaschieren."

 (DR)

Die neuen Modelle seien "ein spezifisches Instrument für diejenigen, die keine andere Chance haben", so Cremer. Allerdings dürfe die öffentlich geförderte Beschäftigung für Jugendliche (sog. "Quali-Kombi") nicht dazu missbraucht werden, um den "Mangel an Ausbildungsplätzen statistisch zu kaschieren." Ausbildung müsse laut Cremer "absolute Priorität" haben - es wäre "fatal, wenn man Jugendliche, die Ausbildungsfähig sind, da einfach zwischen parken würde."

Opposition kritisiert
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel warf der Koalition vor, aus alten Fehlern nichts gelernt zu haben. Erneut werde wie unter Rot-Grün auf eine Unterstützung des zweiten Arbeitsmarktes gesetzt. Das bedeute letztlich nur eine "Stigmatisierung" der betroffenen Menschen und werde keinen Beitrag gegen die dauerhaft hohe Sockelarbeitslosigkeit leisten. Auch die "dämliche Diskussion" um Mindestlöhne müsse beendet werden.

Der Arbeitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU), mahnte die Liberalen, endlich Realitäten anzuerkennen. Heute seien 2,5 Millionen Arbeitslose nicht mehr in der Arbeitslosenversicherung, sondern im steuerfinanzierten Grundsicherungssystem angekommen. Deshalb werde ein "unternehmensnaher Ansatz" in der Arbeitsmarktpolitik gebraucht.

"Für diejenigen, die total draußen vor der Tür sind, für die bauen wir eine Jobperspektive auf", fügte der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner hinzu. Das könnten Arbeiten wie Hausmeister, Reinigungskraft, Einkaufsdienste für Ältere oder soziale Arbeit sein. Ziel sei es, so 100 000 Menschen einen Einstieg die Arbeitswelt zu ermöglichen.

So sollen dem einen Gesetzentwurf zufolge Betriebe einen "Qualifizierungszuschuss" erhalten, die einen Arbeitslosengeld-II-Empfänger unter 25 Jahren und ohne Berufsabschluss einstellen. Voraussetzung ist, dass die Betroffenen mindestens sechs Monate arbeitslos waren und während der geförderten Beschäftigung betrieblich qualifiziert werden.

Mit dem zweiten Gesetzentwurf sollen Langzeitarbeitslose über 18 Jahren gefördert werden. Arbeitgeber können danach mit einem Lohnkostenzuschuss von bis zu 75 Prozent rechnen, wenn sie Betroffene mit "mehrfachen Vermittlungshemmnissen" wie fehlenden schulischen oder beruflichen Qualifikationen oder gesundheitlichen Einschränkungen einstellen.

Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer begrüßte die Initiative für einen "sozialen Arbeitsmarkt". Es gäbe nun mal Arbeitslosen, die kaum eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt hätten. Allerdings sei es ein "sozialpolitischer Sündenfall", die unter 25-Jährigen ohne Bildungsabschluss in das Programm aufzunehmen. Damit würden sie endgültig in die "Risikogruppe" der Ungelernten abgeschoben.

Für die Linke betonte deren Sozialexpertin Katja Kipping, ohne Mindestlöhne bestehe die Gefahr, dass bei diesen öffentlich geförderten Jobs "Hungerlöhne" gezahlt werden. Zudem sei das Ziel zu wenig ehrgeizig. Daher lege die Linke einen eigenen Antrag vor, um bis zu 500 000 Stellen in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor zu schaffen.

Der Bundesrat wird sich voraussichtlich im September mit den beiden Gesetzesvorlagen befassen. Sie bedürfen nicht der Zustimmung der Länderkammer.