Diaspora-Sonntag für Katholiken in Minderheitensituation

"Die Menschen nicht allein lassen"

Mit seiner Diaspora-Aktion nimmt das Bonifatiuswerk Katholiken in den Blick, die ihren Glauben als Minderheit leben. Man wolle ihnen helfen aber auch von diesen Menschen lernen, sagt Generalsekretär Monsignore Georg Austen im domradio.de-Interview.

Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerkes / © Bonifatiuswerk (Bonifatiuswerk)
Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerkes / © Bonifatiuswerk ( Bonifatiuswerk )

domradio.de: "Keiner soll alleine glauben. Unsere Identität: Barmherzigkeit" - das ist das Leitwort der bundesweiten Diaspora-Aktion der deutschen Katholiken in diesem Jahr. Die Aktion soll die Aufmerksamkeit auf die Katholiken lenken, die in einer Minderheitssituation leben - in Deutschland, in Nordeuropa und im Baltikum. Das Bonifatiuswerk ist zuständig und bekommt auch den Erlös aus den Kollekten am kommenden Sonntag - dem Diaspora-Sonntag. Das Motto bekommt ja gerade dort, wo nur wenige Katholiken leben, nochmal eine ganz andere Bedeutung...

Monsignore Georg Austen (Generalsekretär des Bonifatiuswerks): Ja, natürlich. Es ist für uns im Bonifatiuswerk als Hilfswerk für den Glauben sehr wichtig, gerade diese Menschen im Blick zu haben - in Form von Solidarität. Ich denke da zum Beispiel an die Situation in den ostdeutschen Diözesen - sei es Görlitz, Dresden oder Berlin. Wir haben dort Regionen, wo 80 bis 90 Prozent der dort lebenden Bevölkerung keiner Konfession angehören. In Nordeuropa - zwar mit einem wachsende Vorzeichen - liegt der Bevölkerungsanteil der Katholiken zwischen ein und drei Prozent.

Es ist eine große Herausforderung für die Menschen, - oft mit wenig finanziellen Mitteln, mit großen Entfernungen, mit einem oft internationalen Gesicht in Nordeuropa - Gemeinde leben zu können. Dort wollen wir die Menschen eben nicht allein lassen. Aber ich glaube, wir können auch einiges aus der Diaspora-Situation lernen. 

domradio.de: Jetzt schauen wir noch auf den zweiten Teil des diesjährigen Leitwortes: "Unsere Identität: Barmherzigkeit". Ist das noch eine Art Nachklapp zum von Papst Franziskus ausgerufenen Jahr der Barmherzigkeit? 

Monsignore Austen: Ganz im Gegenteil. Es ist eher ein Doppelpunkt, den wir setzen wollen. Denn, wenn jetzt die sogenannten Pforten der Barmherzigkeit auch in dieser Weise nicht mehr existieren, glaube ich, dass die Türen zu unseren Herzen trotzdem offen bleiben müssen. Barmherzigkeit ist ein Lebensnerv, der uns in der christlichen Identität immer mitbegleiten muss. Denn ich kann ja nicht den Menschen an Gott vorbei lieben. Die Barmherzigkeit zeigt sich eben, wenn der Glaube Hand und Fuß bekommt. Barmherzigkeit will gelebt werden. Das Herz steht für die Barmherzigkeit Gottes, aber zeigt sich eben auch dort, wo wir ein Herz für die Menschen haben, die uns begegnen. Das ist für uns die Herausforderung! 

Wir haben gerade auch in der Vorbereitung auf den Diaspora-Sonntag die Heiligen der Barmherzigkeit dieser Zeit in den Blick gerückt - Sankt Martin, die heilige Elisabeth von Thüringen, Nikolaus, der vor der Tür steht. Das waren immer Menschen, die aus dem Glauben heraus christliche Nächstenliebe geschenkt haben und auch die Welt gestaltet haben. Das ist für uns eben gerade kein Nachklapp, sondern ein zukunftsweisendes Motiv, das uns durch Papst Franziskus nochmal sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben wurde. 

domradio.de: Der Glaube braucht Hand und Fuß, zum einen durch die Barmherzigkeit, zum anderen durch das Leben und Vorleben von Christen. Und der Glaube freut sich auch, wenn er ein schönes Haus hat, in dem er gelebt werden kann. Sie fahren jetzt nach Norwegen. Dort werden Sie einen frisch gebauten katholischen Dom einweihen. Was hat es damit auf sich? 

Austen: Das ist eigentlich sehr schön! Wir sitzen sozusagen in den Startlöchern. Wir fahren mit über 30 Spendern und Spenderinnen morgen nach Trondheim. Auch Dank der Unterstützung vieler Katholiken aus Deutschland konnten in Trondheim ein neues Gemeindezentrum und ein neuer Dom gebaut werden - dort, wo das christliche Herz Skandinaviens auch pocht.

In Trondheim ist ein Pilgerort des heiligen Olav - der alte war viel zu klein geworden, völlig marode, musste neu gebaut werden. Dort gibt es eine wachsende Gemeinde, sehr international und auch jung, aber mit wenig finanziellen Mitteln. Wir freuen uns, dass dieses Zentrum der christlichen Kirche nach vielen Jahren jetzt endlich eingeweiht werden kann. Viele suchen dort eine neue Heimat und da freue ich mich, dass wir als Bonifatiuswerk dabei sein können.

domradio.de: Die Diaspora-Aktion findet ja ihren Höhepunkt am kommenden Sonntag, am Diaspora-Sonntag. Da sammeln Sie für Katholiken in der Diaspora. Wofür brauchen Sie außer für den Sankt Olavsdom und das Gemeindezentrum dort noch Geld? 

Austen: Dank der Spenden können im Jahr etwa acht- bis neunhundert Projekte in diesen Gebieten unterstützt werden - sei es für Kinderhospizdienste, das Haus Betlehem in Lettland, wo Obdachlose mit unterstützt werden. Wir haben Bonibusse, mit denen große Strecken überbrückt werden können. Etwa 600 davon fahren in Deutschland in den Diaspora-Gebieten.

Das Geld geht auch an die pastorale Kinder- und Jugendarbeit, zum Beispiel an die religiösen Kinderwochen, wo jährlich in den ostdeutschen Diözesen 16.000 bis 17.000 Kinder und Jugendliche mitmachen. Insgesamt profitieren sehr viele caritative und soziale Projekte, die Glaubenszeugnis geben, aber auch zur Glaubensbildung beitragen; außerdem sehr viele Örtlichkeiten - seien es Kirchbauten, Klöster, Kindergärten. Ich kann nur allen Spendern herzlich danken. Auch uns wird oft Dank entgegen gebracht, weil die Menschen eben spüren, dass wir sie nicht allein lassen. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt. 


Quelle:
DR