Generalsekretär des Bonifatiuswerks zur Diaspora-Aktion

"Das kann uns nicht kalt lassen"

Bonifatiuswerk-Generalsekretär Msgr. Georg Austen nimmt u.a. Stellung zu der Frage, ob sich der Finanzskandal im Bistum Limburg auf die Spendeneingänge beim Bonifatiuswerk auswirkt.

Monsignore Georg Austen (Bonifatiuswerk)

KNA: Msgr. Austen, das Leitwort der Diaspora-Aktion des Bonifatiuswerkes lautet "Keiner soll alleine glauben, damit der Glaube wachsen kann". Was bedeutet das konkret?

Austen: Damit wird ausgedrückt, wofür wir als Hilfswerk für den Glauben da sind. Wir möchten auf der einen Seite den Einzelnen im Glauben stärken. Und das andere ist, "damit der Glaube wachsen kann". Dabei geht es vor allen Dingen um Kinder und junge Menschen. Was können wir in diesem Bereich tun? Wie können wir dort helfen? Wie können wir gute Rahmenbedingungen schaffen, damit eben der Glaube wachsen kann? Auch bei uns in Deutschland, wo Christen ja ebenfalls zunehmend in der Minderheit sind.

KNA: In welchen Gegenden ist das Bonifatiuswerk aktiv?

Austen: Das Bonifatiuswerk engagiert sich in Nordeuropa, von Dänemark bis Island, wo zwischen ein und drei Prozent der Bevölkerung katholisch sind, auf dem Baltikum, in Lettland und in Estland. Aber ein Schwerpunkt liegt für uns auf den ostdeutschen Regionen. Dort kommen vielleicht auf hundert Einwohner zwei katholische Christen. Und das erleben wir als eine sehr große Spannung und Herausforderung.

KNA: Das klingt jetzt fast schon positiv...

Austen: Wenn 75 bis 80 Prozent keiner christlichen Konfession angehören, dann kann uns das nicht kalt lassen, dann müssen wir uns fragen: Wo müssen wir aufbrechen? Wo müssen wir Vertrauen gewinnen? Wo müssen wir auch den Charme und die Inhalte des Evangeliums den Menschen verkünden, aber gleichzeitig auch durch unser eigenes Leben näherbringen? Das meine ich mit Herausforderung.

KNA: Sie spielen damit zugleich auf einen gesellschaftlichen Wandel an, der in Deutschland auf vielen Ebenen stattfindet.

Austen: Wir leben auf unterschiedlichen Inseln, die oftmals ohne Gott gedacht werden, mit unterschiedlichen Lebensgesetzen, mit unterschiedlichen Sinnentwürfen. Es fehlt das Sinnstiftende, das Verbindende und - auf Christen in der Diaspora bezogen - die gemeinsame Glaubenserfahrung.

KNA: Für manchen deutschen Christen eine neue Erfahrung - aber Alltag für die Menschen in Nordeuropa.

Austen: Dort erleben wir beispielsweise, dass Flüchtlinge aus Syrien oder dem Irak, die in ihrer Heimat wegen ihres Glaubens verfolgt werden, aber auch viele Arbeitssuchende in diese Länder kommen. Sie suchen Beheimatung im Glauben und in der Kirche. Das wollen wir stützen und fördern.

KNA: Wie geht das?

Austen: Ein großes Projekt ist der Neubau der Kathedrale in Trondheim sozusagen das katholische Herz von Norwegen. Über 80 Nationen gehören dort zur Gemeinde, die sehr stark wächst aber zugleich eine arme Kirche in einem reichen Land ist, weil zu ihr viele Flüchtlinge und Arbeitsmigranten gehören. Die alte Kirche ist inzwischen zu klein und außerdem auch baufällig. Jetzt entsteht dort etwas Neues.

KNA: Stichwort arme Kirche - in Deutschland hat der Wohn- und Amtssitz des Limburger Bischofs für viel Wirbel gesorgt. Die Caritas klagte im Zuge der Affäre bereits über einen Rückgang an Spendengeldern. Wie sieht es beim Bonifatiuswerk aus?

Austen: Ja, bei einzelnen Spendenrundschreiben ist ein Rückgang festzustellen. Es bedrückt uns natürlich schon, wenn unsere Spenderinnen und Spender in Briefen ihr Unverständnis und ihre Verärgerung über die Vorgänge in Limburg äußern. Spürbar ist außerdem eine große Verunsicherung, wie etwa die Kirche mit dem ihr anvertrauten Geld umgeht.

KNA: Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Austen: Für uns ist beispielsweise der geprüfte Geschäftsbericht sehr wichtig. Auf unserer Internetseite können Sie zudem ganz konkret sehen und nachlesen, für welche Projekte das Bonifatiuswerk die Gelder verwendet. Transparenz ist unbedingt notwendig. Ich hoffe jedenfalls, dass das, was in Limburg passiert ist, auf Dauer nicht zu Lasten der Hilfsbedürftigen und Anliegen der Hilfswerke geht. Und ich hoffe, dass die eingesetzte Untersuchungskommission dazu beiträgt, das Vertrauen in unsere Kirche zurückzugewinnen.

Das Interview führten Sabine Just und Joachim Heinz.