Das Bonifatiuswerk mit einem neuen Aufgabenschwerpunkt

Der Glaube an "Andersorten"

Ein Gespräch über Gott im Fitness-Studio, spirituelle Fortbildungen für konfessionslose Caritas-Mitarbeiter oder eine betreute Kapelle mit Fürbittbuch in einem S-Bahnhof in Ludwigshafen - das sind nur drei modellhafte Initiativen, die nicht kirchengebundenen Menschen einen Zugang zum Glauben eröffnen wollen. Genau solche innovativen Projekte will das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken künftig fördern - und hat dazu eine programmatische Neuausrichtung vollzogen.

Autor/in:
Andreas Otto
 (DR)

Als "Hilfswerk für den Glauben" will die in Paderborn ansässige Institution nicht mehr nur in den klassischen Diasporaregionen mit geringem Katholikenanteil tätig sein und dort Kirchenbauten, Kinderprojekte oder die Verkehrshilfe unterstützen. Vielmehr möchte sie im gesamten Bundesgebiet tätig werden. Denn, so die nüchterne Erkenntnis der Verantwortlichen, selbst in traditionell katholisch geprägten Gebieten mache sich der Glaubensschwund deutlich bemerkbar. In Ostdeutschland etwa "blieb der erhoffte Aufschwung der Kirchen nach dem politischen Umbruch aus", so die Analyse der Paderborner.

Über 75 Prozent der Ostdeutschen seien weder christlich getauft noch Mitglied einer anderen Religion. Ein düsteres Bild zeichnet das Hilfswerk auch von der Lage in Westdeutschland. In Städten wie Köln, Düsseldorf oder Stuttgart liege der Anteil der Christen nur noch bei knapp über 50 Prozent. Aber auch in traditionell katholischen Regionen erlebten sich engagierte Gläubige als eine Minderheit unter desinteressierten Kirchenmitgliedern. Eben gegen diese "emotionale Diaspora"» und "Einsamkeit im Glauben" stemmt sich das Bonifatiuswerk mit dem neuen Förderschwerpunkt.

Dazu wurde bereits im Jahr 2010 die Abteilung "Missionarische und diakonische Pastoral" gegründet. Sie sichtet und fördert experimentelle pastorale Formate - etwa das Projekt "Quer-glauben" des Bistums Hildesheim, das Menschen in der Mucki-Bude, in der Kneipe oder im Möbelhaus auf Spiritualität und Religiosität anspricht. Für zehn explizit missionarisch ausgerichtete Personalstellen leistet das Bonifatiuswerk eine zweijährige Anschubfinanzierung; danach soll das jeweilige Bistum das Projekt selbst fortführen.

"Den Charme des Glaubens überbringen" - mit diesen Worten beschreibt Bonifatiuswerk-Generalsekretär Prälat Georg Austen das Ziel der Neuausrichtung. Dazu gehören auch Dienstleistungen, die von der Organisation in den letzten Jahren entwickelt wurden. Zum Beispiel die "Neugeborenentasche". Die Geschenkidee zur Geburt soll zur Taufe ermutigen. Die Baumwolltasche mit der Aufschrift "Ein Engel für dich" enthält eine Engel-CD mit Liedern, ein Engel-Büchlein, eine Kinderbibel, Baby-T-Shirt und Lätzchen mit dem Aufdruck "Pass gut auf mich auf" oder einen "Segensfächer" mit Gebeten. Auch für andere "Lebensknotenpunkte" wie die Einschulung, die Erstkommunion, den Schulabschluss oder die Erwachsenentaufe bietet das Bonifatiuswerk Materialien an.

Ein Verständnis für christliche Feste wollen Bücher und CDs zu Oster- und Weihnachtsbräuchen oder zum Martins- oder Nikolaustag wecken. «Kirche im Kleinen» ist eine Aktion zum "Jahr des Glaubens" überschrieben: Gemeinden können - etwa für Firmlinge - das kleine Heft mit Informationen über zentrale Aussagen oder Vollzüge des Glaubens ordern. Originelle Vorstöße in der Seelsorge will der mit 4.500 Euro dotierte und jährlich vergebene Bonifatiuspreis für missionarisches Handeln auszeichnen. Obwohl das Hilfswerk ausschließlich von Spenden lebt, lässt es sich die neuen Angebote etwas kosten. Über rund 10 Millionen Euro verfügt es pro Jahr, und insgesamt 800.000 Euro stellt es im laufenden Jahr für den neuen Förderzweig zur Verfügung. Für Generalsekretär Austen gut angelegtes Geld: "Wir möchten, dass der christliche Glaube in Deutschland eine Zukunft hat."


Quelle:
KNA