Bischof Ackermann diskutiert mit Lesben und Schwulen

"Date mit dem Bischof"

Erstmals hat sich mit Stephan Ackermann ein katholischer Bischof öffentlich den Fragen von Lesben und Schwulen gestellt. Über zwei Stunden hinweg ging es um Briefmarkensammlungen und Entlassungen, Sexualmoral und Arbeitsrecht.

Autor/in:
Joachim Heinz
Date mit dem Bischof (KNA)
Date mit dem Bischof / ( KNA )

"Alle Beteiligten sind ein bisschen aufgeregt", so fasste Hasso Müller-Kittnau vom Vorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) Saar die Stimmung im Vorfeld zusammen. Der Trierer Oberhirte, zu dessen Bistum Saarbrücken gehört, wies zwar darauf hin, dass es ähnliche Gespräche beispielsweise auch schon im Erzbistum Berlin oder im Bistum Essen gegeben habe. Aber die fanden eher im kleinen Kreis statt. Der Einladung des LSVD Saar zum "Date mit dem Bischof" folgten hingegen rund 100 Menschen.

"Wir wollen Brücken schlagen", betonte Moderator Christian Langhorst und dankte dem Bischof, "der nicht gezögert hat, unsere Einladung anzunehmen". Ackermann seinerseits entgegnete, er wolle "hörbereit" sein und zu mehr gegenseitigem Verständnis in kontroversen Fragen beitragen. Mehr als zwei Stunden nahm sich der Bischof dafür Zeit.

Das Spektrum war ähnlich bunt wie die Regenbogenfahne der Homosexuellenbewegung und reichte von der katholischen Sexualmoral über das Engagement des Heiligen Stuhls in Sachen Menschenrechte bis hin zum kirchlichen Arbeitsrecht.

Briefmarkensammlungen und Entlassungen

"Ich liebe die Vielfalt" - bei einem solchen Bekenntnis wusste Ackermann die Zuhörer auf seiner Seite. Dabei, erläuterte der Bischof, müsse es ja nicht immer um Fragen der sexuellen Orientierung gehen. "Wenn jemand Briefmarken sammelt, ist das prima, aber ich muss das ja nicht unbedingt übernehmen." Den Einwurf von Moderator Langhorst: "Wenn also der Jürgen dem Michael seine Briefmarkensammlung zeigt...?", parierte Ackermann mit einem entwaffnenden "...ist das völlig ok." Ernster ging es bei konkreten Fragen zu, etwa nach den sogenannten Loyalitätsobliegenheiten im kirchlichen Arbeitsrecht. Sie führen dazu, dass ein homosexueller Mitarbeiter, der in einer Beziehung lebt und seine Lebenspartnerschaft eintragen lässt, aus dem kirchlichen Dienst entlassen werden kann.

Keine Segnungen von homosexuellen Paaren

In der katholischen Kirche werde es keine Segnungen homosexueller Paare geben, stellte Ackermann klar. "Wenn in einem Segnungsgottesdienst zwei Männer oder zwei Frauen zu mir kommen, um sich einzeln segnen zu lassen, frage ich nicht, in welcher Beziehung sie zueinander stehen", sagte der Bischof. Das sei aber kein offizieller Segen für eine Eingetragene Partnerschaft.

Ackermann mahnte innerhalb der Kirche Toleranz und Respekt an. Vertreter der Kirche sollten Homosexuellen mit Respekt und Wertschätzung und nicht mit Ablehnung und Berührungsängsten begegnen, forderte der Bischof. Die katholische Kirche bezeichne Homosexualität nicht als Krankheit, erklärte Ackermann. "Wenn es Gruppen gibt, die Homosexualität heilen wollen, tun sie das nicht im amtlichen Auftrag." Homosexualität sei nicht frei gewählt, sagte der Bischof. "Ich muss meine sexuelle Identität annehmen, wie immer sie auch aussehen mag".

Bischof Ackermann: Zölibat nicht die ideale Lebensform

Zur Debatte um den Zölibat sagte Ackermann laut der Katholischen Nachrichten-Agentur: "Ich werde nie behaupten, zölibatär zu leben, wäre die ideale Lebensform. Da wäre die Menschheit schnell am Ende".

"Warum graust der katholischen Kirche vor einem schwulen Küster?", wollte Langhorst von seinem Gesprächspartner wissen. Der Bischof versuchte, das Dilemma vor einem allgemeineren Hintergrund verständlich zu machen. Mit den Loyalitätsobliegenheiten versuche die Kirche sicherzustellen, dass die von ihr betriebenen Einrichtungen ein bestimmtes Profil aufwiesen. Was genau dazu gehöre, darum werde derzeit intensiv gerungen. "Das ist nicht nur eine Frage von bornierten zölibatären Männern", so Ackermann. Sondern hier gehe es um die Substanz des kirchlichen Engagements in der Gesellschaft. Das allerdings blieb manchem Teilnehmer zu wolkig.

"Saarbrücker Appell" für Homosexuelle in nicht verkündenden Berufen

"Sie weichen schon seit zwei Minuten aus", machte ein Zwischenrufer seinem Unmut Luft. Für Hasso Müller-Kittnau war das der Moment, um den "Saarbrücker Appell" des LSVD Saar vorzustellen. Ackermann möge erklären, "dass in seinem Bistum Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der katholischen Kirche wegen Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft nicht länger eine Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses befürchten müssen". Dies solle zumindest für "nicht verkündende Berufe" gelten, also etwa für Krankenschwestern und Ärzte in katholischen Krankenhäusern.

"Ich nehme den Appell an", sagte Ackermann, ließ aber zugleich offen, was damit geschehen soll. Er könne jedenfalls als einzelner Bischof in einer solchen Frage nicht einfach vorpreschen. "Im ersten Teil der Veranstaltung habe ich gedacht: 'Mensch, das ist ein toller Bischof - wir sind ja gar nicht so weit voneinander entfernt'", gab ein Teilnehmer seine Eindrücke wieder. Nach dem zweiten Teil stehe er weiter ratlos vor der Frage: "Bin ich der Kirche gegenüber illoyal, weil ich meinen Mann heirate?" Diese Konflikte konnte das Treffen in Saarbrücken nicht lösen. Dennoch: Er habe die Atmosphäre als ehrlich empfunden, sagte Ackermann. Ob es ein weiteres "Date mit dem Bischof" gibt, bleibt vorerst offen. Gesprächsstoff gäbe es genug.


Quelle:
KNA , epd